35. Deutscher Evangelischer Kirchentag beendet 95.000 Menschen feiern Schlussgottesdienst

Kirchentags-Schlussgottesdienst in Stuttgart auf dem Cannstatter Wasen

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07.06.2015 · Stuttgart. Mit einem Abschlussgottesdienst ging in Stuttgart der evangelische Kirchentag zu Ende. Zehntausende Gläubige feierten den Freiluftgottesdienst auf dem Cannstatter Wasen. Aktuelle politische Themen vom Flüchtlingsschutz über die Homo-Ehe bis zu den Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP standen im Mittelpunkt der mehr als 2.500 Veranstaltungen des Kirchentages. Lesen Sie hier auch: "die Worte des Kirchentags”.

Kirchentagspräsident Andreas Barner äußerte die Erwartung, dass vom am Sonntag beginnenden G-7-Gipfel ein Ruck in der Flüchtlingspolitik ausgeht. „Ich bin mir sicher, dass bessere Lösungen zu finden sind als das, was wir leider derzeit erleben müssen”, sagte Barner. Es dürfe nicht mehr zugelassen werden, dass Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken.

Pastorin Nora Steen hat für eine großzügige Aufnahme von Flüchtlingen geworben. Erst dann werde es Frieden geben, wenn jeder sicher und in Würde leben könne, sagte die Pastorin in ihrer Predigt vor 95.000 Gläubigen.

Für jeden Menschen auf der Erde gebe es einen Platz und eine Aufgabe. "Niemand ist dazu geboren, auf der Flucht zu sein", sagte die Theologin aus Hildesheim. Eine Resolution, die beim Kirchentag verabschiedet wurde, dringt auf eine umfassende Seenotrettung im Mittelmeer und legale Wege nach Europa.

Steen begrüßte die Ankündigung Italiens, gesunkene Flüchtlingsboote bergen zu wollen. "Diejenigen, die ihre Sehnsucht nach einem Leben in Europa mit dem Tod bezahlen, gehen uns etwas an", sagte Steen mit Blick auf die zahlreichen Todesopfer unter den Bootsflüchtlingen auf dem Mittelmeer.

Frieden müsse im Kleinen beginnen, sagte die Pastorin. Nicht nur die Staats- und Regierungschefs beim G-7-Gipfel im bayerischen Elmau seien gefordert. Jeder stehe an seinem Ort und mit seinen Möglichkeiten in der Verantwortung. "Trauen wir Gott mehr zu als ein bisschen Sozialromantik: Einen Frieden, der die Welt umfasst."

Seit Mittwoch hatten 97.000 Dauerteilnehmer auf dem Kirchentag debattiert, Bibelarbeiten besucht, gesungen und gefeiert.

Quelle: epd



Zitiert: Worte des Kirchentages

"Zu alledem gehören dann noch Begegnungen zwischen Wählerinnen und Gewählten, Konsumenten und Produzenten, Visionären und Machern - und hier in Stuttgart auch zwischen Schwaben und Restmenschheit."
Bundespräsident Joachim Gauck über das Programm des Kirchentages

"Auch Facebook wird nicht das ganze Leben glücklich machen. Es ist schön, dass man das hat. Es ist auch schön, wenn man ein Auto hat oder eine ordentliche Waschmaschine."
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einer Diskussion über den digitalen Wandel

"Ich habe hier irgendwie die Arschkarte gezogen, aber ein Teil meines Gehaltes ist Schmutzzulage, das macht nichts."
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), der in einer Diskussion zum geplanten Freihandelsabkommen TTIP heftigen Gegenwind von Kritikern zu spüren bekam

"Gabriel reist mit einer 80-köpfigen Wirtschaftsdelegation nach Saudi-Arabien. Was wollen sie da? Die Kultur kennenlernen, schätze ich mal."
Ex-Bischöfin Margot Käßmann kritisiert deutsche Geschäfte mit Unrechtsstaaten.

"Die Teilnehmenden des Kirchentages sind eingeladen, mitzureden und ihre Meinung deutlich zu machen: über Anwältinnen und Anwälte und über Saalmikrofoninnen und Saalmikrofone."
Aus dem Programmheft des Kirchentages

"Jeder intelligente Katholik ist im Innern auch ein Protestant"
Der ehemalige CDU-Generalsekretär Heiner Geißler

"Wenn Sie Katholik sind und nicht glauben, was der Papst glaubt, dass Sie glauben müssen, schützt Sie das Grundgesetz."
Baden-Württembergs katholischer Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) über das Grundrecht der Religionsfreiheit

"Dass die Politik die Menschen glücklich machen soll, ist ein weit verbreiteter Irrtum."
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne)

"Der australische Botschafter schenkte mir Manschettenknöpfe mit Kängurus drauf und schrieb dazu den Satz: Kängurus können nur nach vorne laufen."
Altbundespräsident Christian Wulff über seine persönliche Erfahrungen im Umgang mit Krisen

"Der Übergang von der Inspiration zur Transpiration war heute fließend."
Der rheinische Präses Manfred Rekowski zur Hitze beim Kirchentag

"Ich wusste nicht, dass Stuttgart im Sudan liegt."
Der Bonner Pfarrer und Kabarettist Rainer Schmidt zur Hitze beim Kirchentag

"Schwäbisch gesagt - mit großem Ernst: Ein Glaubenscleverle werden!"
Der württembergische Landesbischof Otfried July zum Kirchentagsmotto "damit wir klug werden" (Psalm 90,12)

"Wir können die Probleme mit Griechenland nicht auf den lieben Gott schieben. Da müssen wir uns schon selbst anstrengen."
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU)

"Wenn ich manchmal die Zeitung aufschlage, kriege ich selbst Angst vorm Islam." Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, über das Islambild in deutschen Medien

"Medien haben in diesen Zeiten keine besonders gute Presse."
Die Islamwissenschaftlerin Riem Spielhaus über das Bild der Journalisten in der Öffentlichkeit

"In 100 Jahren wird man das Vaterunser noch beten. Ob es dann auch noch die 'Bild'-Zeitung und den 'Spiegel' gibt, weiß ich nicht."
Dr Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Marx

"Wir brauchen Antibiotika und nicht nur immer Aspirin."
Martin Kobler, Leiter der UN-Friedensmission im Kongo, kritisiert mangelnde Investitionen in eine weltweite Friedenspolitik.

"Wer in diesen Zeiten den Außenminister zum Gespräch bittet, muss die gute Laune selbst mitbringen"
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) beim Kirchentagsempfang der SPD über die zahlreichen Krisenherde in der Welt

"Ich finde es gut, dass ich das auch abkriege."
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD), die wegen des Kita-Streiks ihren Kirchentagsbesuch verkürzte, um auf ihren Sohn aufzupassen

"Die Vereinbarung zwischen der GdL und mir war, dass die Züge zum Kirchentag rollen müssen, da bin ich bereit gewesen zu schlichten."
Bodo Ramelow zu seiner Schlichter-Rolle bei den Bahn-Tarifverhandlungen

"Ich habe zwei Seelen in meiner Brust."
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zum Thema Kirchenasyl - im Ringen zwischen Rechtsstaatlichkeit und Barmherzigkeit

"Ob Gewalt im Namen von Religion, Ideologie oder Ethnizität gerechtfertigt wird, ist für die konkreten Konfliktverläufe etwa so bedeutsam wie der Unterschied zwischen Wodka, Whisky oder Gin für die Gewaltbereitschaft von Jugendlichen."
Der Tübinger Politologe und Friedensforscher Andreas Hasenclever

"Ich hoffe nicht, dass das ein Zeichen dafür ist, dass die Ökumene auf dem Abstellgleis ist."
Der württembergische evangelische Landesbischof Frank Otfried July bei einer Bibelarbeit mit dem katholischen Bischof Gebhard Fürst in einer Museumshalle für ausrangierte U-Bahnen

"Wenn Sie alle so schlecht hören, wie ich hier hinten gerade, haben wir alle ein verzerrtes Lutherbild."
Der Berliner Historiker Heinz Schilling bei seinem Vortrag über Luther und seine Zeit zur Akustik in der Stuttgarter Stiftskirche

"Alternativlos, diese Vokabel gibt es für Christen nicht. Es gibt immer eine Alternative, es gibt einen Ausweg, es gibt immer Spielraum, und den sollen wir auch klug nutzen."
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD)

"Trauen wir Gott mehr zu als ein bisschen Sozialromantik: einen Frieden, der die Welt umfasst"
Die Hildesheimer Pastorin Nora Steen in ihrer Predigt im Abschlussgottesdienst.