Menschen aus Mecklenburg beim Kirchentag in Stuttgart Ostseekonfis beim Abend der Kulturen: "Wir sind das Volk"

Von Pastor Kai Feller

Ostseekonfis in Stuttgart

Foto: K. Feller

06.06.2015 · Stuttgart. Viele Mecklenburgerinnen und Mecklenburger haben sich auf den Weg zum Kirchentag nach Stuttgart gemacht. In dieser Serie stellen wir einige von ihnen vor. Beim Abend der Kulturen ging es um Klischees. Konfis aus dem Nordosten diskutierten mit.

"I'm so beautiful." Der selbstverliebte Satz eines russischen Säufers zu seiner Frau hatte die Lacher auf seiner Seite. Es war nur einer von vielen selbstironischen Gags der russischen Comedians. Es ging um kulturelle Klischees. Sind die Deutschen wirklich immer so pünktlich, wie im Ausland oft angenommen? Oder wieviel Geld muss ich als Afrikaner veruntreuen, damit meine Schwester doch noch heiraten kann? Diese und andere Fragen diskutierten die BesucherInnen am Abend der Kulturen.

Das Besondere an diesem Abend: Man redete nicht über-, sondern miteinander. Die Gäste gehörten nämlich verschiedenen Nationalitäten an: Tansania, Malaysia, Türkei, Russland und China. Und sie wirkten mit: Musikalisch, tänzerisch, schauspielerisch und kulinarisch. Ein Slogan, eine Geste, die das Typische der eigenen Nation zum Ausdruck bringt, in zwei Minuten Gruppenarbeit - das ging bei den Deutschen nicht ohne Debattieren. Es setzte sich der Vorschlag von Tristan durch, der vor 10 Tagen in einer norddeutschen Dorfkirche an der Ostsee konfirmiert worden war und nun mit seiner Gruppe den Kirchentag in Stuttgart erleben darf: "Wir sind das Volk."

Die Anregung holte er sich beim Vortrag eines Zeitzeugen der ehemaligen ostdeutschen Diktatur: "Da ich geschichtlich intseressiert bin, wollte ich mir dieses Kapitel der deutschen Geschichte nicht entgehen lassen. Ich hatte ja schon viel über das Leben in der DDR gehört, aber wie dort Wahlen abgehalten wurden und fast alle mitgemacht haben, hat mich doch schockiert", sagt der 15jährige Gymnasiast. Hannah-Sophie, die das Christliche Jugenddorf in Rostock besucht, ergänzt: "Mir gefiel, dass mal nicht die Historiker das Wort hatten, sondern jemand, der diese Zeit selbst erlebt hat und nicht zu den Mitläufern gehörte."

Ein anderes Thema, mit dem sich die Konfis beschäftigten, ist gar nicht so weit davon entfernt: Rechtsextremismus in unserer Nachbarschaft. "Durch die zunehmende Zahl von Menschen aus anderen Ländern fühlt sich ein Teil der Bevölkerung verunsichert", berichtet Johanna aus ihrem Dorf. "Dabei habe ich erst im Gespräch mit Muslimen und Juden das Besondere des jeweiligen Glaubens kennen gelernt und auch meinen eigenen vertieft."

Dass Migration nicht immer erfreulich für die Betroffenen verläuft, erfuhren die Konfis in einem Workshop zum Thema Menschenhandel. Johann, der in seiner Freizeit Bienen hält, ist erst 13, wird also nächstes Jahr konfirmiert: "Dass Menschen sich aus der Not anderer heraus bereichern, finde ich unmenschlich. Das Vertrauen von Menschen wird ausgenutzt, ihnen werden falsche Hoffnungen gemacht, am Ende finden sie sich als Sklaven wieder." "Aber zum Glück gibt es Organisationen, die sich um die Opfer kümmern und an Schulen Aufklärungsarbeit leisten", fügt Hannah-Sophie ermutigend hinzu." Alles in allem ist der Kirchentag für die Jugendlichen ein tolles Erlebnis mit vielen neuen Erfahrungen.

Quelle: ELKM