"Gemeinsames Erbe aller evangelischen Kirchen in Deutschland" DDR-Geschichte in der Kirche in Ost und West aufarbeiten
23.09.2025 · Schwerin. Die DDR-Geschichte soll künftig als gemeinsames Erbe aller evangelischen Kirchen in Deutschland betrachtet werden. 35 Jahre nach der Wiedervereinigung fordert eine Arbeitsgruppe mit dem Papier „35 Jahre Deutsche Einheit - Empfehlungen zur Aufarbeitung in den evangelischen Kirchen Deutschlands“ konkrete Schritte für den gemeinsamen Prozess, wie die Nordkirche mitteilte.
In Schwerin und im Livestream werde am 1. Oktober von 13 bis 14.30 Uhr eine Diskussionsrunde zum Thema stattfinden. Im Zentrum stehen die Fragen, wie Aufarbeitung gelingen kann und welche Bedeutung sie für die Nordkirche als gesamtdeutsche Landeskirche hat.
„Es ist eine Tatsache, dass wir auch 35 Jahre nach der Wiedervereinigung noch Unterschiede erleben: bei der Bewertung von Lebensleistungen in Ost und West, bei Gehältern oder Renten“, sagte die Landesbischöfin der Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt. „Viele Menschen empfinden es als ermüdend, dass diese Fragen immer wieder neu angesprochen werden müssen, obwohl die Problematik längst bekannt ist.“
Mit Gemeinden in Hamburg und Schleswig-Holstein ebenso wie in Mecklenburg-Vorpommern verbinde die Nordkirche als einzige Landeskirche in Deutschland Erfahrungen aus Ost und West. „Für mich ist deshalb besonders wichtig, dass wir als Kirche nicht wegsehen, sondern diese Erfahrungen ernst nehmen und daraus lernen“, erklärte Kühnbaum-Schmidt.
Das Papier, das am 1. Oktober vorgestellt werden soll, sei „bemerkenswert“, sagte die Landesbischöfin. „Es macht klar: Die Erfahrungen aus der DDR-Zeit sind kein Sonderfall einzelner ostdeutscher Landeskirchen, sondern Teil der gemeinsamen Geschichte aller evangelischen Kirchen in Deutschland. Dieses Erbe müssen wir auch gemeinsam aufarbeiten.“
Konkrete Empfehlungen seien unter anderem ein EKD-weites Anerkennungsverfahren für Betroffene kirchlichen Unrechts, die Einrichtung einer Ombudsstelle sowie die systematische Erforschung der Verstrickungen mit dem Staatssicherheitsdienst (Stasi) - ausdrücklich auch in westdeutschen Landeskirchen. Zudem sei das Papier für Kühnbaum-Schmidt ein deutlicher Impuls: „Wenn wir diese gemeinsame Verantwortung wahrnehmen, können wir dazu beitragen, dass die Einheit von Ost und West gesamtkirchlich gelebt und erfahrbar wird.“
Zu der Diskussionsrunde lädt die Landesbischöfin gemeinsam mit dem Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern, Tilman Jeremias, der auch Vorsitzender der Arbeitsgruppe Aufarbeitung der Nordkirche ist, ein. Außerdem werden der Pastor i. R. und Minister für Auswärtige Angelegenheiten a. D. Markus Meckel und Katharina Kunter, beide Mitglieder der Arbeitsgruppe, über ihre zentralen Erkenntnisse und Forderungen berichten. Auch Pastor i. R. Eckart Hübener werde über seine Erfahrungen als Betroffener von SED-Unrecht und seine Erwartungen an die Kirche sprechen.
Quelle: epd