Wismarer Propst Marcus Antonioli aus dem Dienst verabschiedet "Bestmögliche Bedingungen für Gemeindearbeit im Blick gehabt"

Marcus Antonioli (li.) übergibt sein Amtskreuz an Bischof Tilman Jeremias.

Fotos: kirche-mv.de/D. Vogel

29.06.2025 · Wismar. „Mit dir verabschieden wir heute einen profilierten und hoch engagierten Propst. Du bist, vielleicht ja auch durch deine Erfahrungen in Indien, ein Mensch mit ausgeprägtem Gerechtigkeitsbewusstsein.“ Mit diesen Worten ist der mecklenburgische Propst Marcus Antonioli am heutigen Sonntag (29. Juni) bei einem festlichen Gottesdienst in der St. Nikolaikirche zu Wismar von MV-Bischof Tilman Jeremias verabschiedet worden. 

Nach knapp acht Jahren scheidet der Theologe vorzeitig aus dem pröpstlichen Leitungsamt und wechselt als Dezernent für den Dienst der Pastorinnen und Pastoren in das Landeskirchenamt der Nordkirche.

 

Abschiedspredigt: Größtes Manko ist unsere Beziehungsarmut zu Gott

 

In den Mittelpunkt seiner Abschiedspredigt stellte Marcus Antonioli das Fest des Lebens und die Dankbarkeit. Bezugnehmend auf den Predigttext aus der Bibel, in dem alle von Gott zu Essen und Trinken ohne Geld eingeladen werden, sprach er von der kommenden Gnadenzeit und blickte zugleich auf die aktuelle Situation. So wie damals seien die Menschen heute auch vom Mangel geprägt, Sorgen und materielle Nöte herrschten. „Aber vielleicht ist unsere Beziehungsarmut zu Gott in Wahrheit unser größeres Manko?!“, wandte der Prediger ein und ergänzte, dass es ohne Gott gar keinen gebe, „bei dem wir uns bedanken könnten. Das Leben bliebe ein Fest ohne Gastgeber!“ Tatsächlich werde es ohne Dankbarkeit schwierig mit der Freude. „Was, wenn wir in Wahrheit von allem zu viel haben, zu satt sind, um das Leben aus tiefstem Herzen zu feiern?“

 

In Blick auf seine Kirche sagte Marcus Antonioli: „Wir leiden an einem stillen Mangel und verheddern uns in vielleicht in notwendigen, aber oft quälenden Diskussionen. Wir streiten uns über schwindende finanzielle und personelle Ressourcen und die Konsequenzen sind ja auch schmerzhaft. Doch ihn schmerze dabei am allermeisten, dass „dabei der eigene Hunger und der ehrliche Durst nach Glauben abhanden zu kommen droht“. Er sei sich gewiss, dass noch manche Köstlichkeit im Glauben zu entdecken sei, „wenn wir nur den großen Reichtum des Evangeliums begreifen würden, würden wir begreifen, dass auch mit viel weniger noch so viel möglich wäre“.

 

Das Fest des Lebens beginne, wo man sich aus diese Fülle schenken lasse, seine eigene Bedürftigkeit eingestehe und sich die liebevolle Zuwendung Gottes gefallen lasse. „Und es wird noch schöner, wenn wir ernsthaft teilen, wo wir die Not wahrnehmen und lindern, sei es seelisch oder materiell! Sharing is caring! – Teilen ist liebevolles Kümmern! Eine wahrhaft spirituelle Dimension. Ich bin gewiss, es wird ein wunderbares Fest des Lebens werden, schön und fröhlich, wo wir einander in unserer schönen Vielfalt wahrnehmen und annehmen!“

 

Nicht den Kompass des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe verlieren

 

Zugleich mahnte der Theologe seine Kirche, in den Krisen der Welt nicht den Kompass des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe aus den Augen zu verlieren. „Wo uns die Angst packt, wird das Herz eng und der weite Horizont weicht einem Tunnelblick. Möge uns der Glaube davor bewahren, dass wir unter unseren Möglichkeiten als Menschen bleiben!“ Es gelte heute wieder, den menschenfeindlichen Versuchungen zu widerstehen. „Wo Menschen aufgehetzt werden, wo echte Probleme verschoben – wo Geflüchtete als Sündenböcke ausgerufen werden und die Macht des Stärkeren auf Kosten namenloser Opfer gefeiert wird, da gilt es besonnen und mutig zu sein“, so der Theologe.

 

Im Blick auf seinen Abschied vom Propstamt in Mecklenburg bekannte Marcus Antonioli, dass es ihm eine Ehre gewesen sei, ein „gleichermaßen herausforderndes wie auch schönes Privileg“, in den vergangenen acht Jahren als Propst zu dienen. Vieles was wir gemeinsam erlebt haben, werde ich als kostbare Erinnerung in meinem Herzen behalten.“ Und ebenso rückblickend sagte der Theologe: „Da war so viel Wohlwollen, so große Offenheit, so viel echter Wille, gemeinsam einen guten Weg zu gestalten, so viel Kreativität und immer wieder die Bereitschaft, sich einzubringen! Vielen Dank dafür!“

 

Bischof Jeremias: Engagiert und kritisch in Gremien tätig

 

Bischof Tilman Jeremias hob in seiner Ansprache zur Amtsentpflichtung hervor, dass Marcus Antonioli sich früh in Gremien engagierte, wie beispielsweise während des Studiums in Leipzig und später im Bereich der Kirche. „Als Propst bist du dir sowohl auf Kirchenkreisebene wie als Kirchenleitungsmitglied nie zu schade, dich noch bei der x-ten Arbeitsgruppe zu beteiligen, um Recht, Arbeitsbedingungen oder bestmögliche Voraussetzungen für die Gemeindearbeit in unserer Kirche immer wieder neu kritisch weiterzuentwickeln“, so Bischof Jeremias.

 

Immer theologisch fundiert bei Leitungsaufgaben

 

Marcus Antonioli käme von der Gemeindearbeit her, feiere gern Gottesdienste, kenne seine Mecklenburger von der Pike her und sei „trotz aller Reibungsflächen niemals abgehoben“ – formulierte Bischof Jeremias. Zugleich stellte er heraus, dass er besonders schätze, dass Marcus Antonioli seine kirchenleitende Arbeit immer wieder theologisch fundiert.

 

Im Blick auf den Wechsel von Marcus Antonioli sagte der Bischof wörtlich: „Wenn du hier im Kirchenkreis auch eine erhebliche Lücke hinterlässt, so ist es auch eine riesige Chance für uns, dass ab übermorgen jemand im Landeskirchenamt die höchste Personalverantwortung trägt, der die Verhältnisse in Mecklenburg und in unserem Sprengel bestens kennt.“

 

Von Herzen Dank und reichen Segen für neue Aufgabe

 

Abschließend dankte der Bischof dem scheidenden Propst von Herzen für seinen „hohen Einsatz im Kirchenkreis Mecklenburg und in der Propstei Wismar und wünschte Pastor Antonioli Gottes reichen Segen für sein verantwortungsvolles neues Amt. Gott begleite dich und deine Familie auf allen euren Wegen“.

 

Mehr als 280 Vertreter aus den 51  Kirchengemeinden der Propstei Wismar, aus dem gesamten Kirchenkreis, aus der Kirchenkreissynode Mecklenburg und dem Kirchenkreisrat, aus der Nordkirche, der Stadt Wismar, des Landkreises Nordwestmecklenburg sowie Freunde und Wegbegleiter waren in die St. Nikolaikirche zu Wismar  gekommen, um sich persönlich für das gute Miteinander mit Marcus Antonioli zu bedanken.

 

Grußworte aus Kirche, Politik und Gesellschaft

 

In seinem Grußworte lobte der mecklenburgische Synodenpräses, Dr. Christoph Heydemann, dass Propst Antonioli in all den Jahren, die er „aus eigener Anschauung beurteilen kann, stets als jemand gezeigt, der wie kaum ein anderer in der mecklenburgischen Kirche Zusammenhänge erklären, Licht in dunkle Hintergründe bringen und Ausblicke aufzeigen kann“. Der Theologe möchte etwas bewirken, und er bewirke auch etwas, so der Präses und fügte hinzu, dass Antoniolis „strategische Fähigkeiten und seine Kreativität den Christinnen und Christen im Norden Deutschlands sehr zugute kommen dürften“.

 

„Ein über siebenjähriger gemeinsamer Weg liegt hinter uns. Die Notwendigkeit der Transformationsprozesse in unseren Kirchenkreisen haben uns näher zusammengebracht“, blickte Propst Philipp Staak für den Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis zurück und dankte dem scheidenden Kollegen aus Mecklenburg, für die vergangenen Jahre, „in denen wir zusammen diskutiert und nach Lösungen gerungen haben. Das Ringen um Antworten in komplexen Zeiten geht weiter“.

 

Wismars Bürgermeister Thomas Beyer dankte dem bisherigen Propst sehr persönlich für sein Wirken. „Denn das war wirklich segensreich. Sie haben mit Ihrer Zugewandtheit, mit Ihrer Empathie angesteckt. Sie haben das menschliche Antlitz Gottes immer wieder aufgezeigt. Sie haben aber auch immer mal wiedererkennen lassen, dass Sie sich auch nicht immer ernstnehmen müssen und einen flotten Spruch gab es auch das eine oder andere Mal, das alles tat gut, das tat der Stadtgesellschaft gut. Das tat den Gemeinden gut. Das tat mir gut.“

 

Für das Diakonische Werk Mecklenburg-Vorpommern schrieben Vorstand Henrike Regenstein und Landespastor Paul Philipps an Marcus Antonioli: „Du bist davon überzeugt: In der Kirche müssen sich Dinge ändern. Und so hast du dein Propstamt verstanden: Verantwortung für die Zukunft übernehmen, Gewohnheiten überdenken, Veränderungen anstoßen. Darin bist du ein Zeuge des biblischen Glaubens, für den Zukunft nicht einfach die Verlängerung der Gegenwart ist, sondern die Möglichkeit von etwas Neuem. Dafür danken wir dir!“

  

Zur Person

 

Pastor Marcus Antonioli stammt aus Hagenow. Nach dem Studium der Theologie in Leipzig und im südindischen Bangalore sowie dem Vikariat in Doberan, war er zunächst als Gemeindepastor in Altkalen tätig. Anschließend übernahm er die Pfarrstelle in Rostock-Groß Klein. Seinen bisherigen Gemeindepfarrdienst in der Rostocker Kirchengemeinde Heiligen-Geist trat er im Jahr 2011 an. Im April 2017 wählte ihn die mecklenburgische Kirchenkreissynode für zehn Jahre zum Propst mit Sitz in Wismar. Der 54-Jährige ist verheiratet mit einer Religionslehrerin, das Paar hat zwei Kinder.

Quelle: ELKM (cme)



Die Verabschiedung in Bildern

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