Professor Markus Johannes Langer im Gespräch "Kirchenmusik kann das Reden und Sehen übertreffen"

Markus Johannes Langer bei der Einweihung des GemeindeChorHaus Rostock im Jahr 2016.

Foto: kirche-mv.de/D. Vogel

21.01.2025 · Rostock. Seit 25 Jahren ist Kirchenmusikdirektor Markus Johannes Langer (geboren 1971 in Erlangen) Kantor und Organist an der evangelischen St.-Johannis-Kirche in Rostock. Mit etwa 350 Sängerinnen und Sängern gehört diese Kantorei zu den größten Kantoreien Norddeutschlands. Seit April 2000 lehrt Langer zudem an der Rostocker Hochschule für Musik und Theater (HMT). Dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte der Honorarprofessor, wie es ihm als gebürtigem Bayern in Rostock geht und welche Pläne seine Kantorei für 2025 hat.

epd: Sie sind in Bayern aufgewachsen und leben nun seit 25 Jahren in Rostock. Wie nehmen Sie mögliche Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland wahr?

 

Markus Johannes Langer: Ich nehme viel deutlicher den Unterschied zwischen Süd- und Norddeutschland wahr. Die norddeutsche Mentalität gefiel mir aber von Anfang an sehr gut. Natürlich war in meiner Kindheit die Kirche in Bayern eine wirkliche Volkskirche. Anfang 2000 habe ich also recht große gesellschaftliche Unterschiede zwischen Bayern und Mecklenburg-Vorpommern bemerkt.

 

Zu Beginn meiner Tätigkeit, knapp zehn Jahre nach der Wiedervereinigung, waren die etablierten Kulturinstitutionen in Rostock oft noch zurückhaltend, mit einer kirchlichen Einrichtung wie der St.-Johannis-Kantorei zu kooperieren. Mittlerweile gab es schon viele schöne gemeinsame Projekte mit dem Volkstheater, der Universität, der HMT und der Kunsthalle.

 

epd: Was kann Kirchenmusik in dem weithin entkirchlichten Umfeld in Rostock und MV bewirken?

 

Langer: Im Herbst 2024 fand unter dem Titel „Futura - was wird?“ wieder eine gemeinsame Veranstaltungsreihe mit der Universität Rostock und der Kunsthalle statt. Erneutes Ziel war es, ein gegenwartsrelevantes und theologisch-religiös interessantes Thema im Austausch von Wissenschaft und Kultur darzustellen und auch Menschen zu unseren Vorträgen und Konzerten einzuladen, die sonst keine Verbindung zur Kirche haben. Mit einer Ausstellung, drei Vorträgen und drei Konzerten ist dies wieder bestens gelungen.

 

Wenn nicht-religiöse Menschen in der Kantorei singen und Gemeinschaft erfahren, atheistische Eltern ihre Kinder im Konzert anhören und von der Musik berührt werden, dann hat Kirchenmusik schon viel bewirkt.

 

Kirchenmusik kann das Reden und Sehen ergänzen, vertiefen und auch übertreffen. So können wir von Hoffnungsbildern der Bibel, von denen auch kirchliche Menschen kaum zu sprechen wagen, in wunderbaren Vertonungen singen. Ich denke da an das anbrechende Reich Gottes, an die Auferstehung der Toten und das ewige Leben.

 

Geistliche Musik kann uns mit uns selbst, mit anderen und mit Gott verbinden. In Zeiten der Angst und Unsicherheit kann das Singen Trost und Hoffnung spenden.

 

epd: Welche besonderen Projekte plant Ihre Kantorei 2025?

 

Langer: 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird ein Höhepunkt die Aufführung von Karl Jenkins‘ Friedensoratorium „The armed Man“ mit allen Kantoreien Rostocks, dem Opernchor und der Norddeutschen Philharmonie unter meiner Leitung am 6. Juli in der Rostocker Nikolaikirche sein.

 

epd: Welche weiteren Höhepunkte sind geplant?

 

Langer: 1950 wurde unsere St.-Johannis-Kirche geweiht. Ihre Außenwände wurden aus Backsteinen erbaut, die von Gemeindegliedern unter abenteuerlichen Bedingungen aus den Trümmern der im Krieg zerstörten Rostocker Jakobikirche geborgen werden konnten. Mit der Uraufführung der St.-Johannis-Vesper (Opus 104) von Gunther Martin Göttsche (Sinntal/Hessen) wollen alle Chöre unserer Kantorei gemeinsam an dieses Datum erinnern und den 75. Geburtstag unserer „Waldkirche“ feiern.

 

Außerdem wird unser Motettenchor im Sommer wieder zu Gast bei den Festspielen MV sein. Und unser Jugendchor, der Choralchor, tritt nach den Auslandsreisen der vergangenen Jahre nach Polen, Israel und Frankreich im Februar 2025 seine erste Konzertreise nach Italien an.

Quelle: epd