Reformationsempfang der Nordkirche in Dettmannsdorf "Christlich geprägte Bildung ist mehr als Wissensvermittlung"

(v.l.n.r.): Bischof Tilman Jeremias, Pastorin Petra Bockentin, Stephan Schmidt und Propst Dirk Fey

Foto: Béla Kreuchauf

31.10.2023 · Dettmannsdorf. Unter dem Motto „Kirche macht Schule“ hat die Nordkirche am heutigen Dienstag ihren Reformationsempfang auf dem Evangelischen Bildungscampus Dettmannsdorf südwestlich von Ribnitz-Damgarten gefeiert. Unter den rund 150 Gästen waren Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, der Hamburger Erzbischof Dr. Stefan Heße und Bettina Martin, Ministerin für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten in MV. Gemeinsamer Tenor: Christlich geprägte Bildung ist weit mehr als reine Wissensvermittlung.

In einem Gottesdienst in der Kölzower Dorfkirche am späten Nachmittag überreichte Bischof Tilman Jeremias dem 73-jährigen Stefan Schmidt für sein ehrenamtliches Engagement um den Dettmannsdorfer Bildungscampus die Bugenhagenmedaille (Meldung). Der Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern begründete die Verleihung der höchsten Auszeichnung der Nordkirche für ehrenamtliches Engagement so: „Aus kleinsten Anfängen im Jahr 2005 mit elf Kindern ist eine große evangelische Schule entstanden mit etwa 600 Schülerinnen und Schülern. Sichtlich überzeugt das pädagogische Konzept, das im Sinn des christlichen Menschenbilds die individuelle Entwicklung und Förderung jedes einzelnen Kindes im Blick hat. Dieser Bildungscampus hat das gesamte Dorf verändert und attraktiv gemacht, Lehrkräfte und junge Familien ziehen hierher.“

 

Ministerpräsidentin: Kirchen wichtig für sozialen Zusammenhalt

 

In Ihrem Grußwort würdigte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig das Wirken der Kirchen in Mecklenburg-Vorpommern. Sie dankte „allen hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den zahlreichen ehrenamtlich Engagierten“ der Nordkirche: „Sie sind Teil unseres gesellschaftlichen Lebens. Pastorinnen und Pastoren sind für die Menschen da, die Rat suchen. Die Gemeinden sind Heimat für alle, die glauben und Orte, an denen sich viele engagieren. Kirchliche Einrichtungen wie die Diakonie leisten wichtige Beiträge für soziale Absicherung und Hilfe in Not. Die Kirchen leisten damit einen wichtigen Beitrag zum sozialen Zusammenhalt im Land.“ 

 

Synodenpräses: Bildung war zentrales Anliegen der Reformation

 

Ulrike Hillmann, Präses der Landessynode, also Vorsitzende des Kirchenparlaments, hielt ein leidenschaftliches Plädoyer für die Bedeutung von Bildung in Zeiten von Polarisierung und Populismus. Es sei zentrales Anliegen der reformatorischen Bewegung gewesen, Mädchen wie Jungen Bildung zugänglich zu machen: „Die Reformatoren haben deutlich gemacht, dass gute Bildung für alle die Voraussetzung ist für eine starke Zivilgesellschaft. Der reformatorische Anstoß zur Bildungsgerechtigkeit und Bildungsteilhabe für alle bleibt bis heute eine Herausforderung, der wir uns auch in der Nordkirche stellen und an deren Umsetzung wir uns durch evangelische Schulen beteiligen.“

 

Erzbischof Heße: 500 Jahre nach Reformation versöhnt feiern

 

Der Hamburger Erzbischof Dr. Stefan Heße stellte das Thema der Ökumene in den Mittelpunkt. „Über 500 Jahre nach dem Beginn der Reformation können wir heute gemeinsam und versöhnt an die Ereignisse im 16. Jahrhundert erinnern.“

 

Er verglich die Krise der mittelalterlichen Kirche, die zur Reformation geführt hatte, mit der gegenwärtigen Situation, die von einem Mitgliederschwund geprägt ist: „Seit einigen Jahrzehnten mehren sich die Anzeichen für eine neuerliche Krise der Kirchen, die wieder, wie auch im 16. Jahrhundert, vor allem eine Krise der Glaubwürdigkeit ist. Der Skandal des sexuellen und geistlichen Missbrauchs, der die gesamte Christenheit weltweit erfasst hat, offenbart systemische Übel im Umgang mit Macht und Autorität.“ Statt sich jeweils auf die eigenen Belange zurückzuziehen, müssten katholische und evangelische Kirche gemeinsame Antworten suchen: „Für eine Welt, die von Krisen geschüttelt ist, sollten wir mit einer Stimme sprechen und bezeugen, dass in Jesus Christus Heil und Hoffnung für alle Menschen ist.“

 

Nordkirche-Schulexperte: Schule ist viel mehr als Wissensvermittlung

 

Wolfgang von Rechenberg, Referent für Schulangelegenheiten der Nordkirche, nannte es als eine wichtige Aufgabe evangelischer Bildung, „lebensdienliche Beziehungen gestalten zu lernen: zu sich selbst, zu Mitmenschen, zu Gott.“ Das bedeute, Lernbedingungen zu schaffen, die keine Kinder ausschlössen. Es sei außerdem wichtig, die Angst Jugendlicher vor einer Klimakatastrophe ernst zu nehmen und ihnen statt eines Gefühls der Ohnmacht Werkzeuge zur Selbstwirksamkeit an die Hand zu geben: „Ich bin sehr froh, dass das Bildungsministerium MV die Bildung für nachhaltige Entwicklung unterstützt und dabei den Menschen in den Vordergrund stellt. Es sind die menschlichen Qualitäten wie Selbstreflexivität, demokratisches Miteinander und Vertrauen zu Politik und Wissenschaft, die Hand in Hand mit Wissensbeständen erworben werden müssen.“

 

Auch Schülerinnen und Schüler des Campus beteiligten sich: Sie sprachen beim Gottesdienst Gebete und präsentierten einen selbst gedrehten Film, in dem sie ihre besondere Schule zeigten.

 

Auf der Seite https://www.schule-kunst-kirche.de/ stellt die Nordkirche in Filmen, Porträts und Interviews verschiedene Facetten ihres Bildungsengagements vor wie den Religionsunterricht und die Tage ethischer Orientierung (TEO).

Quelle: Bischofskanzlei Greifswald (ak)