Bischof Jeremias ordiniert Albrecht Wienß Predigen lernt man nicht in der Studierstube

Albrecht Wienß in der Brüeler Stadtkirche.

Foto: privat

11.05.2023 · Brüel/Sternberger Seenlandschaft. Albrecht Wienß ist neuer Pastor der Kirchengemeinde Brüel. Am kommenden Sonntag (14. Mai) um 15 Uhr segnet ihn Bischof Tilman Jeremias und beauftragt ihn für den Dienst in der Kirche. Der neue Pastor spielt Fußball und steht für Gespräche auch außerhalb der Kirchenmauern.

Dem Himmel ganz nahe: Nachdem es mit der Pilotenausbildung nicht klappte, wurde Albrecht Wienß Pastor. Am Sonntag (14. Mai) um 15 Uhr segnet ihn Bischof Tilman Jeremias in der Brüeler Stadtkirche und sendet ihn in seinen Dienst. Damit erhält die Kirchengemeinde Brüel mit ihren sechs Kirchen nach einem Jahr Vakanz wieder einen Pastor. Und der 35-jährige Theologe den kirchlichen Auftrag, zu predigen und seelsorgerlichen Beistand zu leisten sowie die Legitimation, beispielsweise zu taufen und Paare zu trauen.

 

Der Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern sagt: „Das Herzstück der Ordination ist der Segen, bei dem ich Albrecht Wienß die Hand auflege. Als Pastor ist man nicht auf sich allein gestellt, sondern kann auf die Unterstützung durch Gott vertrauen. Dessen Heiliger Geist verleiht Mut und schenkt die weite Perspektive, die wir für ein gelingendes Zusammenleben brauchen.“ Propst Marcus Antonioli begrüßt den Theologen als neuen Gemeindepastor im Namen der Propstei Wismar.

 

Die Eltern lebten schwarz in einer Rostocker Altbau-Kellerwohnung

 

1988 geboren, wuchs Albrecht Wienß zunächst in Rostock auf. Seine Eltern lebten zu der Zeit als DDR-„Hausbesetzer“ schwarz im Keller eines Rostocker Altbaus mit eingefrorenen Wasserleitungen im Winter. Er stammt aus einer christlich geprägten Familie. Sein Großvater war Prediger in der landeskirchlichen Gemeinschaft und wirkte auch in Güstrow. Charakteristisch für diese Gemeinschaft ist eine Frömmigkeit, die Alltag und Familienleben ihrer Mitglieder prägt: „Kirche war von klein auf Heimat für mich“, erzählt Albrecht Wienß. Die Gemeinschaft sieht er als Bereicherung für die Nordkirche: „Diese Frömmigkeit ist von einer großen Verbindlichkeit und mit hoher Einsatzbereitschaft verbunden. Glaube ist für diese Menschen nicht nur ein Hobby, sondern eine Überzeugung, die ihr Leben prägt.“

 

Erster Traumberuf: Pilot

 

In himmlische Sphären wollte Albrecht Wienß schon immer, doch zunächst als Pilot: So nahm er in Rostock Segelflugstunden und durchlief bei der Lufthansa einen Bewerbungsmarathon. Als er in der letzten Runde abgelehnt wurde, zerplatzte zugleich seine sorgsam geplante sichere Zukunft. Ein Praktikum beim Fischkutter Jugend- und Begegnungsstätte der Kirchengemeinde Toitenwinkel weckte sein Interesse an einem Theologiestudium: „Dieses Engagement für Kinder und Jugendliche war für mich ein Offenbarungserlebnis. Der Verein Fischkutter kümmert sich um Kinder aus schwierigen Verhältnissen, manchmal verlorene Kinder, die zu Hause nicht willkommen sind. Die haben da einen Ort und bekommen etwas mit von einem Gott, der sie bedingungslos liebt.“

 

Die Jugendarbeit vom Fischkutter als Offenbarung

 

Davor habe er Vorbehalte gehabt gegenüber sozialer kirchlicher Arbeit: „Das machen doch schon so viele andere, dachte ich. Uns geht es doch um die Seele.“ Inzwischen sei er überzeugt, dass soziales Engagement und Nahrung für die Seele unbedingt zusammengehören.

 

Nach seinem Studium in Marburg und Leipzig wurde der Theologe praktisch ausgebildet in der Kirchengemeinde in Güstrow. Vikariat heißt diese zweijährige Ausbildung in der evangelischen Kirche. Das Predigen, so Wienß, lerne man nicht im Studierzimmer: „Da muss man sich einfach trauen, etwas probieren und darf sich durch Eitelkeiten nicht selbst im Weg stehen. Es braucht auch eine gewisse Durchlässigkeit dafür, das zu predigen, was mir gegeben wird.“

 

Hauptbotschaft: Du bist geliebt

 

Seine Hauptbotschaft: „Gott liebt die Menschen. Wenn das rüberkommt, dieses ‚Du bist geliebt‘, dann ist das Wichtigste gesagt.“ Für Albrecht Wienß endet sein Wirkungskreis nicht an der Kirchentür: „Ich mache gerne Besuche und unterhalte mich mit denen, die sonst nicht überall dabei sind. Schön fände ich es auch, wenn ich im Brüeler Fußballverein mit trainieren könnte. Mir ist wichtig, dass wir als Kirche diese unsichtbaren Mauern durchbrechen zwischen verschiedenen Gruppen.“

 

Seit zwei Wochen lernt er seine Kirchengemeinde kennen. Seine Frau ist Psychologin und arbeitet am liebsten im Bereich der Suchtberatung. Die beiden haben drei kleine Kinder. Die Familie wohnt noch in Güstrow, bis die Pfarrwohnung fertig saniert ist.

 

Jugendarbeit große Herausforderung auf dem Land

 

Sein Herz schlägt auch für die Jugendarbeit, die er als wichtige Aufgabe und große Herausforderung im ländlichen Raum sieht. „Direkt vor unserer Kirche steht ein Mehrgenerationenhaus. Ich wünsche mir, dass da wieder Leben reinkommt.“

Quelle: Bischofskanzlei Greifswald (ak)