Fachtagung "Dorfkirchen als Begegnungsstätte für alle" Kirchenräume eröffnen Kirchenträume

Von Hans-Joachim Kohl

Blick in die Kirche Rittermannshagen während der Tagung.

Foto: Hans-Joachim Kohl

08.05.2023 · Rittermannshagen. „Dorfkirchen als Begegnungsstätte für alle“ lautete der Titel einer Fachtagung am 5. Mai in der Kirche Rittermannshagen. Am „Tag für eine barrierefreie Zukunft“ waren die veränderte Rolle der Kirchengebäude, ihre Chancen und Möglichkeiten sowie die derzeitige Situation der Dörfer in MV die zentralen Gesprächsthemen.

Pastorin Jette Altschwager und Bürgermeister Claus Dieter Tobaben erläuterten zu Beginn der Tagung die Situation der Dörfer des Pfarrsprengels Gielow-Rittermannshagen. Der Sprengel umfasst 11 Kirchen, eine wüste Kirche, 11 Friedhöfe, 7 Kitas und 3 Grundschulen. Überall versuchen das Pfarrehepaar Jette und Carsten Altschwager im Jahreslauf immer mal wieder präsent zu sein.

 

Claus Dieter Tobaben freute sich über die gegenseitige Offenheit und den Austausch zwischen kommunaler Gemeinde und Kirchengemeinde. Ein Manko ist, dass selbst die 5 sanierten Kirchen nicht barrierefrei sind. „Die Chancen Menschen mit einem offenen Gottesdienst anzusprechen“, erzählt Pastorin Jette Altschwager, „zeigt das Beispiel des Gottesdienstes am Ostermorgen in der wüsten Kirche Domherrenhagen. Da kamen 78 Besucher“. „Die Kirchengemeinde ist wichtig bei der Bewältigung der Aufgaben in der Gesamtgemeinde“, erklärte Bürgermeister Claus Dieter Tobaben, „deshalb beginnen wir z.B. Dorfjubiläen und Feste gern mit Gottesdiensten in der Kirche“.

 

Gemeinschaft braucht immer einen offenen Anlaufpunkt

 

In seinem Vortrag über den Wandel der Dörfer über die Jahrhunderte gab der Professor für Siedlungsgestaltung, Henning Bombeck, zu bedenken, dass Gemeinschaft immer eine Funktion und einen offenen Anlaufpunkt braucht. „Sind Kneipe, Kino und Konsum einmal weg, bleibt nur noch das Kirchengebäude. Wenn das auch noch zu ist, wird die Kommunikation und der Zusammenhalt im Dorf immer weniger. Am Ende traut sich niemand mehr einen anderen um Hilfe zu bitten. Und dass bei einer immer älteren und bedürftiger werdenden Bevölkerung“.

 

Bischof Tilman Jeremias gab in seinem Vortrag zu bedenken, „dass Kirchen Heimat und zu Hause werden können, dabei aber immer noch sakrale Räume bleiben. Selbst wenn die Nutzungserweiterung zu einem Dorftreffpunkt führt mit geselligem Beisammensein, Kultur und z.B. gemeinsamen Essen und Trinken, ist das immer noch ein heiliger Raum“.

 

Gott findet sich überall auf der Welt

 

In einem geschichtlichen Durchgang zeigte er aber auch, dass Heiligkeit und eine Glaubensgemeinschaft nicht an einen bestimmten Raum gebunden sind. Er erläuterte ein Beispiel: der jüdische Glaube war stark auf den Tempel in Jerusalem fixiert. Nach der zweimaligen Zerstörung des Tempels – Ende des 6. Jahrhunderts vor und 70 nach Christus - gelang es den Juden ihren Glauben trotz dieser beiden Katastrophen unabhängig weiter zu leben. Das nahm Martin Luther in der Reformation auf: Kirchen sind erst mal Gebäude aus Stein, Gott findet sich überall auf der Welt und ist nicht an ein Gebäude gebunden. 

 

Am Ende der Tagung wurden das Publikum nach Ideen für die Kirche Rittermannshagen gefragt. Vorschläge waren: Kletterkirche, flexible Ateliers für Künstler, Kunst, Konzerte und Lesungen, Kinokirche und offener Treffpunkt für alle.

Quelle: kirche-mv.de (hjk)