"Warum macht die Kirche so wenig Werbung?" Bischof Tilman Jeremias besuchte die Fleesenseeschule in Malchow

Bischof Tilman Jeremias im Unterricht Fleesenseeschule in Malchow.

Foto: Hans-Joachim Kohl

06.09.2022 · Malchow. Dass ein evangelischer Bischof eine staatliche Schule besucht, kommt in Mecklenburg-Vorpommern eher selten vor. Tilman Jeremias konnte jetzt der Einladung der Fleesenseeschule in Malchow aus der Zeit vor dem Corona Höhepunkt nachkommen.

Kirchliche Würdenträger an diese staatliche Schule einzuladen, hat schon eine Tradition: Johannes Pausch, Gründer und ehemaliger Prior des Europaklosters Gut Aich in St. Gilgen am Wolfgangsee war schon hier, ebenso wie Militärseelsorger Friedrich von Kymmel und auch Bischof Andreas von Maltzahn. Schulleiterin Heike Cordes sagt, warum: „weil ich einfach denke, dass die Schüler damit ihren Horizont erweitern können. Wenn sie mit kirchlichen Würdenträgern aus dem Alltag Kontakt haben, können sie das im schulischen Kontext erworbene Wissen anwenden, hinterfragen und ausbauen“.


Vorbereitet wurden die SchülerInnen des Religions- und des Philosophiekurses der 12. Klasse von der Lehrerin des Philosophiekurses Tina Nehls und von Religionslehrer Karsten Schur. Er ist gleichzeitig Pastor in der Kirchengemeinde Jabel.


Zwei Schulstunden erzählte Tilman Jeremias aus dem Alltag der Kirchenkreise Pommern und Mecklenburg, sowie von seiner Arbeit als Bischof. Viel Zeit gab es für die Fragen der SchülerInnen. “Ich konnte bei den Fragen aber den Unterschied überhaupt nicht feststellen“, erzählt Bischof Tilman Jeremias, „ist es ein Religionsschüler oder ein Philosophieschüler. Sie haben letztlich für mich die entscheidenden Glaubensfragen gestellt, mit denen ich auch unterwegs bin und alle Menschen, die religiös sind, würde ich sagen. Sie waren wirklich alle sehr interessiert und sehr konzentriert am Thema dran“.

 

"Warum macht die Kirche so wenig Werbung?"


Fragen waren beispielsweise: Wie kann Gott den Krieg in der Ukraine und das Elend auf der Welt zulassen? Auch der sexuelle Missbrauch von Kindern in der Kirche war ein Thema. Ein Schüler fragte warum die Kirche so wenig Werbung macht. Da musste Tilman Jeremias schmunzeln, “Fand ich auch eine schöne Aussage, weil wir in der Tat vielleicht manchmal zu zurückhaltend sind. Das wird mir auch an anderen Stellen manchmal gespiegelt von außen. Ihr seid eigentlich ein wichtiger Player gerade auf dem Land und man hört von euch viel zu wenig. Also wir dürfen uns auch immer mal wieder ins Gedächtnis bringen, das glaub ich schon“. Eine Schülerin fragte, warum Christen sagen, dass Jesus von einer Jungfrau geboren wurde. Die offenen Fragen der SchülerInnen beeindruckten auch Schulleiterin Heike Cordes, “Die Schüler waren sehr offen, sehr kritisch, sehr interessiert an den Themen. Die Fragen waren so breit gefächert, dass man gesehen hat, dass die Jugendlichen vielseitig interessiert sind an Alltagsdingen, die einen religiösen Hintergrund haben“.


Die positiven Erfahrungen mit den Schülern der staatlichen Fleesenseeschule und die Berichte von Religionslehrer Karsten Schur, veranlassen den Bischof Kirchenmitarbeiter zu ermutigen: “Ich finde Schule ist ein Bereich, den wir uns als Kirche noch vielmehr erschließen könnten. Wir haben gute Kooperationen an vielen Stellen. Wir haben die Tage ethischer Orientierung, die gemeinsam laufen, das finde ich ein sehr schönes Modell. Wünschen würde ich mir noch mehr Mut von GemeindepädagogInnen, aber auch PastorInnen auf Schulen zuzugehen, zu überlegen, was es für Projekte geben könnte“. Gern können auch Schulleitungen auf kirchliche MitarbeiterInnen zugehen.

 

Wunsch nach vereinfachter Zulassung für kirchliche Lehrkräfte


Insgesamt kam der Besuch von Bischof Tilman Jeremias in der Fleesenseeschule Malchow gut an. Davon zeugte der große Beifall am Ende der beiden Schulstunden. Auch Schulleiterin Heike Cordes war sehr zufrieden: „Es war eine sehr erfrischende Begegnung, sehr offen für unsere Belange, die wir gern besprechen wollten mit ihm. Ich denke auch sehr realitätsnah mit den Jugendlichen hier, sodass er auf Alltagssorgen oder -nöte eingehen konnte, aber eben auch auf religiöse Fragen oder tiefergehende Themen“.


Zum Schluss hatte Schulleiterin Heike Cordes noch einen Wunsch an den Bischof. “Wir würden uns schon wünschen, dass z.B. die Zulassung für kirchliche Lehrkräfte etwas vereinfacht werden könnte. Wir fragen uns natürlich auch wie die Zulassung von Seiteneinsteigern für das Fach evangelische Religion funktionieren kann. Ganz besonders wünschen wir uns einen Referendar an die Fleesenseeschule zu bekommen mit dem Fach evangelische Religion“.

Quelle: kirche-mv.de (hjk)