Drei Fragen an Altbischof Gerhard Ulrich Nordkirche ist unverzichtbarer Partner für die Gesellschaft

Kristina Tesch (epd)

31.05.2022 · Schwerin, Ratzeburg.

Die Fusion der drei ehemaligen evangelischen Landeskirchen von Mecklenburg, Nordelbien und Pommern 2012 zur gemeinsamen Nordkirche ist gelungen, sagte Altbischof Gerhard Ulrich dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zum zehnten Geburtstag wird es am Pfingstmontag (6. Juni) einen kirchenmusikalischen Festgottesdienst im Ratzeburger Dom geben.
 

epd: Die evangelische Nordkirche ist die erste und bis heute einzige evangelische Landeskirche über die ehemalige deutsch-deutsche Grenze hinweg. Zehn Jahre nach ihrer Gründung - Ist die Nordkirche ein Erfolgsprojekt?
 

Gerhard Ulrich: In den fünfjährigen Fusionsverhandlungen war es schon eine Herausforderung, sich den sehr unterschiedlichen Geschichten zu stellen. Natürlich haben wir einander geärgert. Aber ich dachte immer: Das wird gutgehen, das gehört zusammen. Dabei war mir klar, das kann nur klappen, wenn es keinen „Anschluss von Ost an West“ gibt. Unser Prinzip war: Wir verhandeln auf Augenhöhe. Ja, die Fusion ist gelungen. Es ist in aller Unterschiedlichkeit der verschiedenen Landesteile ein gemeinsamer Spirit entstanden.
 

epd: Die Nordkirche hatte in ihrem Gründungsjahr 2012 noch rund 2,4 Millionen Gemeindeglieder, was rund 39 Prozent der Bevölkerung im Kirchengebiet entsprach. Mit Stand April 2021 hatte sie mit knapp 1,9 Millionen (28,9 Prozent der Gesamtbevölkerung) rund eine halbe Million Mitglieder verloren - ist die Nordkirche da vielleicht ein doch zu großes, unüberschaubares Gebilde, in dem sich die Menschen verloren fühlen?
 

Gerhard Ulrich: Ich glaube nicht, dass die Entfremdung, die wir erleben, und die sich ausdrückt im gefühlten Bedeutungsverlust, dass das ein Ergebnis der Fusion gewesen ist. Sondern - ich glaube im Gegenteil - dass die Nordkirche vielen Gemeinden vor Ort geholfen hat, ihr Überleben zu sicher. Unsere Gemeinden sind immer noch die Orte der Zuflucht, an denen die Lebensbögen gefeiert werden und an denen Lebensgeschichten begleitet werden.
 

epd: Doch mit Blick auf die sinkenden Zahlen - welche Bedeutung hat die Nordkirche in der Gesellschaft noch?
 

Gerhard Ulrich: Die Nordkirche ist heute ein unverzichtbarer Partner für die Gesellschaft in Norddeutschland und von großer Bedeutung für die politischen und kommunalen Gremien - auch wenn wir zahlenmäßig kleiner werden. Auch die „Gottvergessenheit“, der sich die Kirche zunehmend stellen muss, hat nicht mit der Fusion eingesetzt. Allerdings muss diese Entwicklung die Kirche dazu bewegen, darüber nachzudenken, mit welcher Sprache und mit welchen Formaten wir unseren Verkündigungsdienst künftig tun.

Quelle: epd

Info

Übertragen wird der Festgottesdienst am 6. Juni ab 11 Uhr im Livestream auf www.nordkirche.de sowie auf der eigens eingerichteten Jubiläums-Seite "10 Jahre Nordkirche"; zudem kann der Gottesdienst in der Kirche St. Petri in Ratzeburg (Schrangenstraße 3) auf der Großleinwand verfolgt werden. Im Anschluss wird der Festgottesdienst außerdem auf dem YouTube-Kanal der Nordkirche abrufbar sein.