Sprengelbericht vor der Landessynode der Nordkirche Bischof Jeremias: Kirche braucht mehr Demut

27.02.2022 · Lübeck-Travemünde. Bischof Tilman Jeremias hat seine Kirche zu mehr Demut aufgerufen. Angesichts der Krise durch Missbrauchsfälle und dramatische Austrittszahlen sei mehr Bescheidenheit notwendig, sagte Jeremias am Sonnabend in seinem Sprengelbericht vor der Landessynode in Lübeck-Travemünde. Bei politischen Stellungnahmen müsse deutlich werden, dass sie aus der christlichen Grundhaltung kommen.

Die Debatte um die Impfpflicht habe zu einer Spaltung der Gesellschaft geführt. Die Kirche sollte Räume für Gespräche und Verständigung schaffen, forderte Jeremias. Notwendig sei eine neue Form der Kommunikation, in der abweichende Meinungen nicht als Bedrohung erlebt werden. „Geduldiges und interessiertes Zuhören bringt uns näher zusammen.“ Es gebe gemäßigte Impfkritiker, die sich nicht gehört fühlten und sich undemokratischen Gruppen anschließen würden. Als Beispiele für gelungenen Austausch nannte Jeremias den „HörRaum“ in Neustrelitz, die Online-Runden „Ich hör dann mal hin…“ und das „Nikolai-Quartett“ der Rostocker Innenstadtgemeinden.

Das etwas altertümliche Wort „Demut“ bedeute weder Depression noch Unterwürfigkeit oder Lust am eigenen Leiden, sagte der Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern. Demut öffne den nüchternen Blick auf eigene Verfehlungen und die Einsicht in die eigenen Grenzen. Dazu zähle auch, schweigen zu können. Die Folge von Demut sei vor allem ein solidarisches Handeln.

Nach zwei Jahren Corona-Pandemie sollte die Kirche auch das eigene Handeln kritisch hinterfragen, so Jeremias. Die Gemeinden hätten viele kreative Ideen für Gottesdienste umgesetzt. Gefragt werden müsse, ob Ungeimpfte ausgeschlossen und Menschen in Heimen und Kliniken zu stark isoliert wurden. Das Leben von Kindern und Jugendlichen sei stark eingeschränkt worden. Corona habe auch noch einmal die globale Ungerechtigkeit deutlich gemacht. In Afrika liege die Impfquote bei zehn Prozent, in einigen Ländern sogar unter fünf Prozent.

Er freue sich auf das Europäische Jugendtreffen der Gemeinschaft von Taizé am 31. Dezember 2022 in Rostock, sagte Jeremias. Tausende Jugendliche aus ganz Europa würden hier miteinander singen, beten und schweigen. Es wäre gut, wenn sich die Gemeinden durch zahlreiche Taizé-Andachten geistlich darauf vorbereiten würden.

Quelle: epd/kmv