Kirchengut Strellin bei Greifswald Im Einklang mit der Natur

Von Sybille Marx

03.10.2021 · Groß Kiesow. Auf dem alten Kirchengut Strellin bei Greifswald betreibt das Ehepaar Anne Schritt und Wilhelm Höper seit 30 Jahren einen Ökobetrieb mit Milchkühen und Ackerbau. Doch jetzt droht ihnen Pachterhöhung.

Während viele Kirchengemeinden am heutigen Sonntag Erntedankfest feiern, feiert das Kirchengut Strellin in Groß Kiesow bei Greifswald Jubiläum: „Wir haben in diesem Jahr unsere 30. Ernte eingefahren“, erzählt Anne Schritt stolz. Es ist keine Ernte wie jede andere: Anne Schritt und Wilhelm Höper, beide 58, gehören zu den wenigen Landwirten in Mecklenburg-Vorpommern, die nach Demeter-Kriterien Milchkühe halten und Getreide anbauen, mit 15 Saaten und achtjähriger Fruchtfolge. Und sie gehören zu den noch selteneren, die das auf kirchlichem Boden tun.

 

Mehr als 41.000 Hektar Agrarfläche verpachtet die evangelische Nordkirche in MV, auf den meisten Flächen wird konventioneller Landbau betrieben. Genaue Zahlen haben die Liegenschaftsämter nicht. Lange Zeit, so scheint es, war es der Kirchenleitung gar nicht so wichtig, wie klima-, natur- und tierfreundlich auf kirchlichen Böden gewirtschaftet wird.

 

„Da ändert sich aber gerade viel“, meint Agrarexperte Jan Menkhaus vom „Infoportal Kirchenland“ beim Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt der Nordkirche. Der Ausschuss für „Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“ bereite für die Frühjahrstagung der Landessynode (Kirchenparlament) 2022 eine Vorlage vor, die endlich die Einhaltung bestimmter Kriterien auf Kirchenäckern verpflichtend machen werde. Im mecklenburgischen Kirchenkreis gilt bereits jetzt: Bis 2030 sollen mindestens 20 Prozent an Öko-Landwirte verpachtet sein, erklärt Sprecher Christian Meyer. An besonders klimaschonende Betriebe soll zudem vorrangig verpachtet werden.

 

Anne Schritt und Wilhelm Höper sind bis heute dankbar, dass die pommersche Kirche ihnen kurz nach der Wende zutraute, das Kirchengut Strellin mit seinen historischen Feldsteinscheunen zu übernehmen. Und dass die Kirchengemeinden Groß Kiesow und Gützkow ihnen 340 Hektar Land verpachteten. „Wir waren erst 28, kamen aus dem Westen, Schleswig-Holstein, und hatten noch nie einen Hof geleitet“, erzählt Höper. Umso größer war ihr Traum: Im Einklang mit Tieren und der Natur wollten sie wirtschaften, nicht ausbeutend, sondern respektvoll. „Und so ein schöner alter Hof, das war unser Traum hoch drei.“

 

Die „Angler“, die sie als Milchkühe züchten, sind eine alte, vom Aussterben bedrohte Rasse. Statt die Tiere in engen Ställen mit Mais, Soja und Getreide auf Hochleistung zu trimmen, lassen die Strelliner sie auf der Weide Gras, Klee und Kräuter finden. Nur Heu und Silage aus eigenem Anbau füttern sie. Rund 5.000 Liter Milch gibt eine „Angler“-Kuh pro Jahr, etwa halb so viel wie eine konventionelle Milchkuh. Dafür hat diese Bio-Milch mehr Fett und erzielt höhere Preise. Gleiches Prinzip beim Getreide: Nicht allein Quantität strebt das Bauernpaar an, sondern auch höchste Qualität im Einklang mit der Natur: „In der konventionellen Landwirtschaft werden Probleme technisch-chemisch gelöst“, sagt Anne Schritt. „Wir beobachten den lebendigen Organismus und fördern ihn.“

 

Diese Arbeit erleben sie als so sinnstiftend, dass sie gern bis zur Rente weitermachen würden. Doch ob das gelingt? Noch hielten ihnen die Kirchengemeinden mit moderaten Pachtgebühren den Rücken frei, erzählen sie. Doch die Verwaltung dränge auf Erhöhung. „Wenn es kommt wie angekündigt, gilt für uns bald die gleiche Pachtgebühr wie für konventionelle Landwirtschaftsbetriebe mit riesigen Flächen und Maschinen“, sagt Höper. Kein Biolandwirt könne da mithalten. Und so hofft das Paar, dass die Landessynodalen bald angepasste Pachtgebühren für Biohöfe festschreiben. „Sonst bleibt der Ruf nach mehr Biolandwirtschaft ein Lippenbekenntnis.“

Quelle: epd