Sabine Ohse im Gespräch Personalberatung im Kirchenkreis Mecklenburg verankert

Sabine Ohse

Foto: C. Meyer/ELKM

28.06.2021 · Rostock. Das Thema Personal ist eine Schlüsselfrage für die Zukunft. Sie verdient darum besondere Aufmerksamkeit. Angesichts von Fachkräftemangel und Wettbewerb müsse alles langfristig vorbereitet werden, um gewünschte Effekte zu erzielen – so hieß es bereits 2017 auf der Kirchenkreissynode von der AG Personalentwicklung. Dennoch dauerte es bis eine Struktur gefunden wurde. Jetzt gibt es eine Stelle für Personalberatung im Kirchenkreis, die speziell gemeindepädagogisch tätige Mitarbeitende im Blick hat. Wir sprachen mit Sabine Ohse, die das Thema verantwortet.

Neben ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Jugend in MV sind Sie seit Februar mit einer 50-Prozent-Stelle für die Personalberatung für gemeindepädagogisch tätige Mitarbeitende im Kirchenkreis Mecklenburg zuständig. Was hat Sie an der Aufgabe gereizt und welche Erfahrungen können sie einbringen?

 

Sabine Ohse: Das Thema Personalberatung und Personalentwicklung ist mir ein großes Anliegen und für mich eine der wichtigsten Aufgaben, um jetzt und in Zukunft bestehen zu können. Dazu kommt, dass ich schon immer gerne und mit viel Freude und Energie neue Arbeitsbereiche aufgebaut habe. Ich kenne den Kirchenkreis aus sehr unterschiedlichen Perspektiven, war beispielsweise Geschäftsführerin in der Evangelischen Schulstiftung, in der Evangelischen Jugend Schwerin und in der Arbeitsgemeinschaft Evangelische Jugend MV.

 

Als Leiterin der Agentur mv4you, die sich in Trägerschaft der Evangelischen Jugend Schwerin befand, habe ich mich sehr intensiv mit dem demographischen Wandel und dem Fachkräftemangel beschäftigt.

 

Das Thema Personalentwicklung hat mich dabei über mein bisheriges Berufsleben begleitet. Daneben bin ich als freiberufliche Supervisorin und Onlineberaterin immer wieder mit Themen wie Arbeitszufriedenheit, Leitung und beruflichen Perspektiven beschäftigt.

 

Ich denke, dass ich den Kirchenkreis einerseits gut genug kenne, andererseits aber dadurch, dass ich selber keine Gemeindepädagogin, sondern Diplom-Kauffrau bin, auch die nötige Distanz habe, um eine Außenperspektive einzubringen und damit andere Sichtweisen auf das Thema.

 

Im Kirchenkreis Mecklenburg ist das Thema neu. Wie sieht es in der Nordkirche insgesamt aus?

 

Sabine Ohse: Ganz so neu ist es in Mecklenburg nicht: Mir ist gerade ein Heft in die Hände gefallen, das bereits 2001 von der Landeskonferenz für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen herausgegeben wurde: „Personalentwicklung in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen“. 13 Jahre später wurde dann die AG Personalentwicklung vom Kirchenkreisrat berufen, die die Grundlagen dafür geschaffen hat, dass das Thema im Kirchenkreis verankert wurde.

 

In anderen Landeskirchen gibt es zwar auch Personalentwicklungsprozesse – aber die richten sich oft ausschließlich an Pastorinnen und Pastoren. Eine Personalberatung speziell auch für Mitarbeitende gibt es in der Hannoverschen Landeskirche und in Württemberg. Im Bereich der Nordkirche ist der Kirchenkreis Hamburg-Ost sehr aktiv und sehr weit.

 

Wir sind also, was das Thema „Personalberatung für Mitarbeitende“ betrifft, auch EKD-weit einer der ersten Kirchenkreise.

 

Das heißt, wir stehen als Mecklenburger gar nicht so schlecht dar?

 

Sabine Ohse:  Ja, genau. Das Thema Personalentwicklung  ist von den Gremien wie dem Kirchenkreisrat und der Synode als wichtiges Feld und als Zukunftsthema erkannt worden. Das ist ein erster wichtiger Schritt.

 

Um einmal in einem Bild zu sprechen: Wir haben einen Leuchtturm, der durch die Arbeit der AG Personalentwicklung in Mecklenburg geschaffen wurde. Wie hell und wie weit dieser Leuchtturm strahlen wird, hängt davon ab, welche Bedeutung der Kirchenkreis dem Thema in Zukunft einräumt.

 

Zunächst haben Sie sich sicherlich einen Überblick über die Situation verschafft. Wie sieht es in Mecklenburg aus? Welche Hauptprobleme und Herausforderungen können Sie derzeit schon benennen?

 

Sabine Ohse: Ich habe in den vergangenen Wochen viele Gespräche geführt, um mir einen Überblick zu verschaffen: Vieles läuft im gemeindepädagogischen Bereich  gut, aber es gibt es einige Auffälligkeiten:

 

Die Aufgabenfülle, die sich auch in den Stellenbeschreibungen spiegelt, ist schon enorm. Einigen Gemeindepädagoginnen und Gemeindepädagogen fällt es schwer, Grenzen zu setzen und auch einmal „Nein“ zu sagen. In mehreren Regionen sind Mitarbeitende daher zum Teil am Limit.

 

Auch Konflikte im Team, beispielsweise zwischen der Pastorin und dem Gemeindepädagogen  tragen manchmal zur Arbeitsunzufriedenheit bei. Dies zu erkennen und zu verhindern, dass gute Mitarbeitende langfristig erkranken oder innerlich bzw. tatsächlich kündigen, sehe ich als große Herausforderung.

 

Leitung und Personalverantwortung wahrzunehmen, lernt man aus meiner Erfahrung nicht nebenbei. Hier entsprechend zu schulen und zu qualifizieren, ist aus meiner Sicht ein Thema, was mittelfristig in den Blick rücken sollte.

 

In einigen Regionen und einigen Bereichen – zum Beispiel bei den Regionalreferenten- haben wir einen hohen Altersdurchschnitt. Wie gelingt es, das letzte Drittel des Berufslebens gut und gesund zu gestalten? Was kann der Arbeitgeber dazu beitragen? Das Thema „alternsgerechte Personalentwicklung“ sollten wir in den Blick nehmen.

 

Eine große Herausforderung besteht darin, Stellen künftig besetzen zu können. Teilweise können schon jetzt Stellen nur noch schwer nachbesetzt
werden und müssen mehrfach ausgeschrieben werden. 

Spannend wird es auch, zu sehen, ob und wie es uns gelingt die Stellen künftig so attraktiv zu gestalten, dass sie auch für Absolventinnen und Absolventen mit FH-Abschluss attraktiv sind, die nicht bereits in der Region wohnen.

 

Die Nordkirche hat den Dienst von Diakonen und Gemeindepädagogen per Gesetz vereinheitlicht. Damit gibt es ein gemeinsames Regelwerk für das aus den Traditionen der ehemaligen drei Landeskirchen hervorgegangene Aufgabenfeld. Welche Effekte hat dies für ihr Thema bzw. welche versprechen Sie sich davon?

 

Sabine Ohse: Viele Aspekte der Personalentwicklung sind in dem Gesetz geregelt: Es gibt jetzt verlässliche Standards für die Ausbildung und für die Anstellung, die eingehalten werden müssen. Ein Mentoring-Programm begleitet die Mitarbeitenden im ersten Dienstjahr. Es gibt den Anspruch, aber auch die Pflicht zur Fort- und Weiterbildung und einen Anspruch auf Supervision – alles Instrumente der Personalentwicklung, die letztendlich dazu führen können, dass Mitarbeitende sich weiterqualifizieren, ihre Tätigkeit reflektieren und zu einer höheren Arbeitszufriedenheit kommen können.

 

Was sind die nächsten Schritte? Wo setzen Sie an?

 

Sabine Ohse: Im Fokus der Personalberatungsstelle steht die berufliche Weiterentwicklung der Mitarbeitenden. Es geht also insbesondere darum, zu schauen, wie die künftigen Bedarfe des Kirchenkreises mit geeigneten Mitarbeitenden besetzt werden können und welche Entwicklungsmöglichkeiten sich dadurch für die einzelnen Mitarbeitenden ergeben.

 

Dazu müssen wir zunächst einmal zu einer guten mittelfristigen Personalplanung kommen und schauen, wie Stellen künftig so attraktiv werden, dass wir in der Konkurrenz zu anderen Arbeitgebern mithalten können.

 

Dabei sollte unbedingt der Fokus darauf liegen, für die Mitarbeitenden, die wir haben, ein so attraktiver Arbeitgeber zu sein, dass diese gerne bei uns arbeiten, bei uns bleiben wollen und dabei gesund bleiben.

 

Dahinter verbergen sich eine Reihe von Themen, die anstehen: beispielsweise Gesundheit, alternsgerechte Personalentwicklung, Angebote für Personalverantwortliche, Personalgewinnung und Stellenattraktivität.

 

Es gab wie erwähnt bereits Bausteine für die Personalentwicklung und Schulungen für Kirchengemeinderäte etc. Werden Sie daran anknüpfen?

 

Sabine Ohse: Ja, auf jeden Fall! Es ist beeindruckend, was schon alles auf die Beine gestellt wurde! Die Schulungen fanden vor ungefähr fünf Jahren statt und auch das Heft, von dem Sie sprechen, ist bereits einige Jahre alt. Ich bin gerade dabei, einige der Arbeitshilfen zu aktualisieren und auf die Praxisbedarfe anzupassen. Diese werden dann im Internet bereitgestellt.

Für alle, die Personalverantwortung haben und Mitarbeiterjahresgespräche durchführen, soll es auch künftig wieder Schulungen geben. Diese werden nach den Kirchgemeinderatswahlen, die Ende 2022 stattfinden, angeboten.

 

Sie haben eine große Vielfalt skizziert. Das können Sie mit einer 50%-Stelle nicht allein stemmen. Wer ist mit im Boot dabei?

 

Sabine Ohse: Große Unterstützung gibt es durch Kolleginnen und Kollegen aus anderen Landeskirchen, auf Nordkirchenebene sowie innerhalb des Zentrums kirchlicher Dienste. Auch mit den ehemaligen Mitgliedern der AG Teamentwicklung sowie mit den Regionalreferentinnen und Regionalreferenten stehe ich im Austausch und erhalte viel Unterstützung. Dabei gibt es bereits einige gute Konzepte, so dass nicht alles neu gedacht werden muss.

 

Beraten wird meine Arbeit zudem durch eine Resonanzgruppe. Hier wird die Arbeit aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet und unterstützt. Mit dabei sind Pröpstin Britta Carstensen, der Arbeitsbereich „Arbeit mit Kindern und Jugendlichen“, ein Regionalreferent, die Gemeindeberatung und das Theologisch-Pädagogische Institut (TPI) der Nordkirche.

 

Alles, was sinnvoll und nötig wäre, ist natürlich mit einer 50prozentigen Stelle nicht zu schaffen. Daher können auch nicht alle Themenbereiche bearbeitet werden. Dies betrifft zum Beispiel die Frage der Nachwuchsgewinnung und der Kontakte zu Studierenden und Hochschulen; hier gibt es aber schon erste Ideen und Erfahrungen aus dem Bereich der Kinder- und Jugendarbeit, die mit Jugendlichen kirchliche Ausbildungsstätten besuchen.

 

Herzlichen Dank für die interessanten Einblicke.

 

Kontakt

Personalberatung im Zentrum Kirchlicher Dienste Mecklenburg
Sabine Ohse
Supervisorin/Coach DGSv
Tel.: 0176-55026745
E-Mail: sabine.ohse@elkm.de

Quelle: ELKM (cme)