Bischof Jeremias dankte Lehrkräften in Gottesdienst Religionsunterricht in Coronazeiten besonders wichtig

13.06.2021 · Verchen/Greifswald. Als „nordkirchliches und bischöfliches Dankeschön“ für das, was die Lehrerinnen und Lehrer im vergangenen Schuljahr geleistet haben, hat Bischof Tilman Jeremias den heutigen Gottesdienst für Religionslehrkräfte bezeichnet. „Und ein Gebet dafür, dass Sie sich in den Schulferien erholen können, durchatmen, loslassen, neue Kraft sammeln.“ Eingeladen hatte der Religionslehrerverband Mecklenburg-Vorpommern in die Kirche in Verchen am Kummerower See. Dem Verband gehören 100 der rund 600 Religionslehrkräfte im Land an.

In seiner Predigt blickte der Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der Nordkirche auf die Herausforderungen eines besonderen Schuljahres zurück. An die Lehrerinnen und Lehrer gewandt sagte er: „Ich möchte Ihnen meinen tiefen Respekt ausdrücken, wie Sie als Lehrkräfte diese Monate gemeistert und kreativ gestaltet haben. Corona hat uns verordnet, Abstand zueinander zu halten. Nichts erschwert pädagogisches Arbeiten so sehr wie Distanz.“ Jeremias kritisierte die ungerechte Verteilung digitaler Möglichkeiten an den Schulen und die Prioritätensetzung: Stand doch gerade während der letzten Monate an vielen Schulen der Religionsunterricht zur Disposition. „Religion kann pausieren, hieß es. Ich würde dagegenhalten: Nie war Religionsunterricht wichtiger, denn er als erster ist Ort, wo verunsicherte und mehr und mehr traumatisierte Schülerinnen und Schüler Raum und offene Ohren für ihre bedrängende Situation finden.“

 

Religionsunterricht bietet verunsicherten und isolierten Jugendlichen Raum für Gespräche

 

Das bestätigt Anne Merkel, Vorsitzende des Verbands. Die 36-Jährige unterrichtet Religion und Englisch am Gymnasium in Neukloster. „Als an unserer Schule beim zweiten Lockdown die einstündigen Fächer wegrationalisiert werden sollten, habe ich mich erfolgreich dagegen gewehrt“, erzählt sie. „Religionsunterricht ist ein Grundrecht für die Kinder, und diese Stunde war für mich die Chance, sie weiterhin zu betreuen und zu erreichen.“ Per Mail und Videokonferenz hätten sie ihr das Herz ausgeschüttet. „Die Jugendlichen haben das gerne und regelmäßig in Anspruch genommen. Das waren gar nicht unbedingt tiefe Problemgespräche. Sie haben sich nur oft sehr einsam gefühlt und wollten mit jemandem sprechen, der nicht Familie ist.“

 

Religionslehrerinnen und – lehrer sind Vertrauenspersonen

 

Die Religionslehrerin ist es gewohnt, dass die Jugendlichen sich an sie wenden – mit handfesten Problemen oder auch, um einfach ihre moralische Einschätzung einer Situation zu hören. Anne Merkel: „Ich bin für die jungen Leute eine Vertrauensperson, auch in Englisch kommen sie häufig nochmal vor oder nach der Stunde zu mir und erzählen. Sie bedanken sich auch dafür, dass sie offen mit mir über alles reden können.“ Religionsunterricht, davon ist sie überzeugt, ist viel mehr als ein Schulfach: „Die Schülerinnen und Schüler erleben im Religionsunterricht, akzeptiert zu werden, so wie sie sind – unabhängig davon, wie sie aussehen, wie ihre Beliebtheit ist oder ihre Schulnoten sind. Diese Stunde bietet der Seele einen Raum, frei zu sein und tut etwas Gutes für den Geist.“ Die Schülerinnen und Schüler, die sie vergangene Woche dazu befragt hat, bestätigten dies: Religionsunterricht sei wie eine Oase, um vom Schulstress herunterzukommen, aufzutanken, Fragen zu stellen, die das Leben betreffen.

 

Mehr als 40 Prozent aller Schülerinnen und Schüler in MV besuchen Religionsunterricht

 

In Mecklenburg-Vorpommern besuchen rund 40 Prozent aller Schülerinnen und Schüler bis zur 10. Klasse den Religionsunterricht, in den höheren Klassen sind es sogar knapp 50 Prozent. Die wenigsten von ihnen sind getauft oder haben darüber hinaus Kontakt mit Religion. Für sie ist der Religionsunterricht die allererste Begegnung mit Glauben, Religion und Kirche. Anne Merkel, die selbst in einem religionskritischen und kirchenfernen Haushalt aufgewachsen ist, sieht das für beide Seiten als Bereicherung: „Für die getauften und gläubigen Schülerinnen und Schüler ist es spannend, zu sehen, dass es noch eine andere Sicht gibt. Diejenigen, die noch nie eine Kirche betreten haben, also die Mehrzahl in meinem Unterricht, erleben, dass es da etwas gibt und dass man sein Leben mit Gott leben und gestalten kann.“ Als Religionslehrerin stehe sie für ihren Glauben ein. „Die Jugendlichen sind sehr interessiert daran, wie ich als religiöse Person denke etwa über Beziehungen oder Homosexualität. Meistens wollen sie aber einfach mal gehört werden, ohne dass gleich jemand das bewertet. Wenn eine Situation etwas verfahren erscheint, sag ich auch, gib das doch mal in Gottes Hände.“

Quelle: Bischofskanzlei Greifswald (ak)