Uferpredigt zur Eröffnung der "Sommerkirche Rügen" Bischof Jeremias: "Über Gottes Schöpfung dankbar staunen"

Bischof Jeremias predigt

Foto: Marcelo Hernandez/Nordkirche

25.07.2021 · Insel Rügen/Greifswald. Eine Uferpredigt hielt Bischof Tilman Jeremias am heutigen Sonntag „inmitten herrlichster Schöpfung“ in der Nähe des Fischerdorfs Vitt auf der Halbinsel Wittow. „Der Sommer am Rügener Hochufer ist eine einzige Einladung dazu, einen Pilgerweg zu starten, dankbar über Gottes Schöpfung zu staunen, durchzuatmen und loszugehen. Gottes Engel gehen uns voran“, sagte der Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der Nordkirche im ökumenischen Ufergottesdienst. Mit der Predigt eröffnete er eine Gottesdienstreihe der „Sommerkirche Nordrügen“ unter dem Motto „Die Vielheit der Religionen und der einzige Gott“ mit Professor Ahmad Milad Karimi vom Zentrum für Islamische Theologie Münster und Landesrabbiner Yuriy Kadnykov.

Der Bischof gratulierte der Kirchengemeinde zu diesem Format: „Solches interreligiöse Gespräch ist in unserem Landstrich viel weniger selbstverständlich als in Köln oder Frankfurt, wo das Zusammenleben der Angehörigen verschiedener Religionen seit Jahrzehnten Dauerthema ist. Hier auf Rügen haben wir nur wenige muslimische oder gar jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger. Die allermeisten Menschen haben sich wie in ganz Ostdeutschland von jeglicher Religion völlig entwöhnt und leben gut ohne Gott und Gottesdienst. Das macht es aus meiner Sicht aber umso nötiger, dass wir uns als Menschen, denen Religion wichtig ist, zusammentun, uns treffen, austauschen und überlegen, was wir gemeinsam tun können.“


Vor Gott gibt es keine VIPs


In seiner Predigt bezog er sich auf eine Geschichte aus der Bibel: Jesus wird von zweien seiner Jünger gebeten, ihnen doch einen VIP-Platz im Himmel zu reservieren. Über die ablehnende Reaktion Jesu darauf sagte Bischof Jeremias: „Für interreligiöse Begegnungen ist die geistliche Haltung hilfreich, die nach Jesu Worten spricht: Es geht nicht darum, den Partnern zu präsentieren, dass wir selbst ja nun die Ehrenplätze im Reich Gottes die oder der Andere ihren und seinen Glauben lebt, interessiert sein am Schatz der Traditionen und Rituale der Anderen. Und aus diesem Zuhören dann selbst erzählen, was mich im Glauben und Leben hält und trägt, warum es gerade Tod und Auferstehung Christi sind, die meinem Leben Trost und Hoffnung geben.“


Uferpredigten in Vitt seit dem Mittelalter


Mit seiner Uferpredigt stellt sich der Bischof in eine lange Tradition: „Bereits im Mittelalter gab es in Vitt als größtem Heringshandelsplatz der Insel Predigten im Freien während der Heringsmessen von Ende August bis Oktober“, erzählt Christian Ohm, Pastor der evangelischen Kirchengemeinde Nordrügen. Wiederbelebt hat diese ab dem Ende des 18. Jahrhunderts der Altenkirchener Pfarrer und Dichter Ludwig Gotthard Kosegarten, der im Freien für die Fischer predigte. Deutschlandweit bekannt wurde Kosegarten mit seinen Gedichten, die von Franz Schubert vertont und von Friedrich Schiller in den Musenalmanach aufgenommen wurden. Über ein Jahrhundert war er in Vergessenheit geraten und wird erst in den letzten Jahren vor allem durch Publikationen und eine Dauerausstellung der Kirchengemeinde wieder entdeckt.


Der Altenkirchener Dichterpfarrer Kosegarten, ein Hippie im 18. Jahrhundert

    Wo kein Gewölbe uns
    umschließt, ohne das Gewölbe
    des allumspannenden
    Himmels, wo keine Mauern
    uns einengen, ohne diese
    grünen Wände, wo das
    Rauschen des Meeres und das
    Säuseln der Lüftlein, und der
    Jubel der Kreaturen allzumal
    in unsern Jubel und in unsere
    Lieder sich mischet. – O es ist
    einem doch nirgend so wohl,
    als im freien weiten Felde
!
(aus einer Uferpredigt von Ludwig Gotthard Kosegarten)


Christian Ohm: „Passend zur Schwärmerei der Romantik hat Ludwig Gotthard Kosegarten Gott in der Natur entdeckt, er war so etwas wie der Hippie unter den Romantikern.“ ‚Hier ist gut sein‘ laute ein bekannter Satz des Dichterpfarrers. „Und das gilt auch gerade 2021. Unter Gottes freiem Himmel wieder Gottesdienste feiern und ganz elementar die Natur zu erleben, tut der Seele wohl.“ Heute sind die ökumenischen Ufergottesdienste im Sommer besonders bei den Touristen beliebt. „Viele kommen jedes Jahr wieder und freuen sich schon darauf. Die Menschen wollen im Urlaub nicht nur Strand, Luft und Sonne, sondern etwas für die Seele und den Geist. Es bleiben auch immer etliche von den Spaziergängern stehen, die am Hochuferweg gehen, und lassen sich vom Gottesdienst in den Bann ziehen.“

Quelle: Nordkirche/alk