Vor 45 Jahren wurde das Dorf Lankow geschleift In den See geschoben, aber nicht vergessen

Von Anne-Dorle Hoffgaard

12.08.2021 · Dechow. Das mecklenburgische Dorf Lankow wurde vor 45 Jahren geschleift. Es stand dem Ausbau der DDR-Grenzsicherung im Wege. Bis zum Jahresende entsteht ein Gedenk- und Lernpfad, der an das Schicksal des Dorfes erinnern soll.

Im Laufe der Jahrzehnte sind Gras, Sträucher und Bäume über den Flecken Erde gewachsen, auf dem von 1209 bis 1976 das mecklenburgische Dorf Lankow stand. Doch vergessen ist der Ort nicht, der etwa zehn Kilometer östlich von Ratzeburg entfernt lag. Auch wenn er dem Ausbau der DDR-Grenzsicherung im Wege stand und vor 45 Jahren endgültig geschleift wurde. Mit einem Gedenk- und Lernpfad möchte die Kommune Dechow künftig an das zerstörte Dorf Lankow an der früheren innerdeutschen Grenze erinnern.

 

„Wir arbeiten mit aller Kraft daran, den Pfad bis Jahresende fertigzustellen“, sagt Andreas Wagner, Leiter des Grenzinformationszentrums „Grenzhus“ in Schlagsdorf (Kreis Nordwestmecklenburg), der das Projekt fachlich betreut. Die neun Feldsteine, die entlang der ehemaligen Dorfstraße die historischen Hausstellen markieren sollen, seien schon vor Ort. Der schmale, etwa neun Meter lange schlichte Stahlstreifen zur Markierung des Grenzsignalzaunes wurde bereits hergestellt, muss aber noch verankert werden.

 

"Grenzsignalzaun" soll wie ein Stolperstein funktionieren

 

Er trägt die Aufschrift „Grenzsignalzaun“ und soll wie ein Stolperstein funktionieren. Die Besucher des Gedenkpfades müssen dieses Band überschreiten und sollen so zum Nachdenken angeregt werden. Außerdem müssen noch verschiedene Informationstafeln angebracht und eine Broschüre (500 Exemplare) zur Geschichte des Dorfes gedruckt werden.

 

Das Projekt wird rund 13.700 Euro kosten. Gefördert wird es von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, der Landesbeauftragten Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Landeszentrale für politische Bildung MV.

 

Die Geschichte des Dorfes Lankow stehe stellvertretend für viele Maßnahmen zum Ausbau der DDR-Grenzsicherung, sagt der promovierte Historiker Wagner. In der auf einer Halbinsel am Lankower See gelegenen Siedlung wohnten 1928 noch 71 Menschen. Es gab drei Bauernstellen, fünf Büdnereien, eine Schule und eine Gastwirtschaft.

 

Nach dem Barber-Ljatschtschenko-Abkommen vom 13. November 1945 rückte die Demarkationslinie zwischen britischer und sowjetischer Besatzungszone an den Lankower See, heißt es in der von Wagner erstellten Konzeption zum Gedenk- und Lernpfad. Damit lag das Dorf seit 1949 unmittelbar an der innerdeutschen Grenze, seit 1952 im DDR-Sperrgebiet.

 

Menschen wurden umgesiedelt

 

Im Rahmen der Zwangsaussiedlungswellen an der innerdeutschen Grenze 1952 und 1961 mussten auch unliebsame Lankower ihre Häuser und Wohnungen verlassen. Zudem flohen bis 1961 auch Einwohner dieses Dorfes in den Westen.

 

Seit 1961/62 versperrten Stacheldrahtzäune den Zugang zum Lankower See. 1973 wohnten noch 28 Menschen in Lankow. Sie wurden umgesiedelt. DDR-Grenzsoldaten trugen 1976 die letzten Gebäudereste des Dorfes ab und schoben sie in den See. „Später teilte ein gewaltiger Drahtzaun auch den Lankower See, um auch das letzte mögliche Schlupfloch zu schließen“, so Wagner.

 

Nach der Grenzöffnung begannen die DDR-Grenztruppen 1990 mit dem Abbau der Sperranlagen. Heute gehört die ehemalige Dorflage Lankow zum Biosphärenreservat Schaalsee, teilweise auch zum Grünen Band. 2009 wurden zur Erinnerung an das Dorf am Zufahrtsweg ein DDR-Ortseingangsschild und im einstigen Dorfkern ein Gedenkstein sowie eine Info-Tafel aufgestellt. Dies alles soll in den künftigen Gedenk- und Lernpfad integriert werden.

Quelle: epd