Bischof Jeremias segnet elf Gemeindepädagogen "Ein total cooler Job"

Stellprobe mit dem Bischof: Die Gemeindepädagogen probten für den Festgottesdienst in der Rostocker Nikolaikirche.

Foto: kirche-mv.de/D. Vogel

30.08.2020 · Rostock. Neun Gemeindepädagoginnen und zwei Gemeindepädagogen aus dem Sprengel Mecklenburg und Pommern der Nordkirche erhalten an diesem Sonntag einen Segen für ihren Dienst in den Kirchengemeinden. Bischof Tilman Jeremias beauftragt sie in einem Festgottesdienst in der Rostocker St. Nikolaikirche.

„Ich freue mich über so viele engagierte und gute Leute für unsere Gemeinden. Wir brauchen ganz dringend Menschen, die pädagogisch gebildet sind und den Glauben vermitteln, das haben schon die Reformatoren erkannt. Wir lernen unser Leben lang und sollen insbesondere immer besser dazu in der Lage sein, Gottes Wort als Quelle des Lebens zu verstehen“, sagt der Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der Nordkirche.

Im vergangenen Jahr hat die Nordkirche ein Gesetz verabschiedet, das die Ausbildung und die Einsegnung von Diakoninnen und Gemeindepädagogen regelt: Ziel war ein einheitlicher Qualitätsstandard. Die zentrale Veranstaltung mit der Segnung durch den Bischof würdigt, wie wichtig die Gemeindepädagoginnen und Gemeinden für das kirchliche Leben sind.

Exemplarisch stellen wir Ariane Westphal aus Neubrandenburg (Evangelisch-Lutherischer Kirchenkreis Mecklenburg) und Jeannette Knedel, Gemeindepädagogin in Neuenkirchen und Groß Bisdorf (Pommerscher Evangelischer Kirchenkreis) vor:

Ariane Westphal, Friedenskirche Neubrandenburg 

Vor ihrer Ausbildung zur Gemeindepädagogin war Ariane Westphal zehn Jahre lang als Kosmetikerin selbstständig tätig. Die beiden Berufe liegen gar nicht so weit auseinander, meint sie: „Das Schönmachen ist auch eine Art von Seelsorge. In der Kosmetik geht es darum, dass Frauen sich wertschätzen, sich etwas gönnen. Ich habe Freude daran, anderen etwas Gutes zu tun. Und es war sehr erfüllend, zu hören: Ich habe mich schon den ganzen Tag auf diesen Termin gefreut!“

Drei Kinder bekam sie während ihrer Selbstständigkeit, mit jedem wurde es schwieriger, allen Ansprüchen gerecht zu werden. „Ich habe dann überlegt, was ich stattdessen machen kann. Dabei fiel mir ein, dass ich mich in der Kirche immer wohlgefühlt und aufgehoben gefühlt habe. Das ist die Konstante in meinem Leben.“ Da ihr Großvater Pastor in Schwanbeck bei Friedland war, wurde sie als Kind getauft und besuchte auch den Konfirmandenunterricht. „Ich durfte schon ganz offen kirchlich sein“, erzählt die 1981 geborene Ariane Westphal, „dagegen hatte mein Opa ganz anders zu kämpfen.“

Als ihr die Ausschreibung zur berufsbegleitenden Ausbildung für Gemeindepädagogen in Ludwigslust in die Hände fiel, war ihr klar: „Das ist genau für Frauen wie mich konzipiert: mit Familie, im Beruf, mit Lebenserfahrung. Da wusste ich sofort, das ist das Richtige.“ Sie startete die dreijährige Ausbildung im Herbst 2015, während sie weiterhin als Kosmetikerin arbeitete und drei Kinder versorgte. Dazu kam zunächst eine 25-prozentige Anstellung in der Emmaus-Kirchgemeinde Staven.

Seit 2018 arbeitet sie für die Friedenskirche in der Neubrandenburger Oststadt, einem Gebiet, das zu DDR-Zeiten Inbegriff von modernem Wohnen war und in dem heute viele sozial schwache Familien leben. „Ich finde es wichtig, dass Kirche mitten in der Stadt ist“, sagt sie, „die Leute erkennen mich auf der Straße und fangen ein Gespräch an.“

Mit ihren Angeboten geht sie an Schulen und in Kindergärten. „In der Schule geht es mir vor allem um ganz lebensnahe Themen: Wie sehe ich mich und wie die anderen? Wie ist ein gutes Leben im christlichen Sinne möglich?“ Von christlichen Themen erzählt sie, wenn die Hortkinder vor den kirchlichen Feiertagen die Kirche besuchen. „Da kommen dann so Fragen wie ‚Warum hängt der Mann am Kreuz?‘“

Dem Thema „Schönheit“ ist sie auch als Gemeindepädagogin treu geblieben. So bietet sie für die Schülerinnen der Orientierungsstufe „Schönheitssache“ als Ganztagsangebot. Sie rührt mit den Mädchen Cremes an oder zeigt ihnen, wie sie eine Handmassage geben können. „Wir gehen der Frage nach, was Schönheit bedeutet und wie wir uns sehen. Ich wünsche mir, dass gerade die jungen Mädchen ihre Schönheit als Gottes Kinder erkennen.“

Als Gemeindepädagogin hat sie ihre berufliche Erfüllung gefunden: „Es ist ein toller Beruf, weil man dabei vielen Menschen begegnet, die Sehnsucht haben nach einem guten Wort oder Segen. Die Möglichkeit, gerade mit Kindern über Lebensthemen zu sprechen und sie ein Stück zu begleiten, ist schön und ein sehr dankbarer Job.“

Jeannette Knedel, Kirchengemeinde Neuenkirchen und Groß Bisdorf (bei Greifswald)

Auch Jeannette Knedel stammt aus einem christlichen Elternhaus. Doch nach der Konfirmation hatte sie erst einmal genug von einer Kirche, die Unterschriften als Beweis für den Gottesdienstbesuch verlangte. Schätzen lernte sie Kirche erst wieder durch die Blaukreuzarbeit, zu DDR-Zeiten AGAS (Arbeitsgemeinschaft zur Abwehr von Suchtgefahren), ihres Vaters: „Diese Gemeinschaft von Suchtkranken und ihren Angehörigen hat mich tief beeindruckt und geprägt. Jeder konnte kommen und wurde aufgenommen, egal, ob aus der Gosse oder piekfein, wir waren alle gleich. Das war wie eine große Familie. So muss Glaube sein.“

Vor diesem Hintergrund studierte sie soziale Arbeit in Neubrandenburg. Doch vor den Abschluss schob sich das Leben: eine schwer pflegebedürftige Großmutter und das erste Kind. So arbeitete Jeannette Knedel schließlich in einem Callcenter, als ihr dritter und jüngster Sohn ein Jahr alt war. Mehr als fünf Jahre lang fühlte sie sich dort sehr wohl. Als das Center schließen musste, sprach sie die damalige Groß Bisdorfer Pastorin Nicole Chibichi-Revneanu an: „Wenn dein Callcenter schließt – hier geht im September die Ausbildung zur Gemeindepädagogin los, hast du nicht Lust?“ Lust darauf, als Gemeindepädagogin zu wirken, hatte sie und hat sie. Das spricht aus jedem ihrer Sätze: „Mich fasziniert, dass ich meinen Glauben den Kindern nahebringen kann, aber auch erlebe, wie sie in ihrem Glauben wachsen und großwerden. Das ist eine total coole Sache. Da geht einem das Herz auf, wenn man das sieht. Jedes Jahr bei den Kinderfreizeiten in Groß Bisdorf denke ich, was hast du für einen geilen Job, das funktioniert alles so leicht mit den vielen Kindern. So etwas geht nur bei Kirche.“

Zusätzlich zur Ludwigsluster Ausbildung arbeitet sie in einem Callcenter und später im Grimmener Kindergarten. Seit einem Jahr ist sie nun die Gemeindepädagogin für die Kirchengemeinden Neuenkirchen und Groß Bisdorf. Gerade ist die Christenlehre wieder angelaufen: „Angefangen habe ich letztes Jahr mit zwei Kindern in der ersten Stunde. In der nächsten waren es dann drei und darauf fünf, und am Ende des Schuljahres war der Gemeinderaum voll“, lacht die quirlige Groß Bisdorferin. Beim Ganztagsangebot in der Kandeliner Grundschule kommen auch viele Kinder ohne kirchlichen Hintergrund: „Ich sage ihnen dann: Hier ist alles freiwillig. Wichtig ist nur, wenn wir beten, dass ihr dann still seid.“

Jeannette Knedels Appell: „Ich fände es gut, wenn sich noch viel mehr ausbilden lassen gerade aus Pommern. In meinem Konvent gehen so viele demnächst in Ruhestand. Ludwigslust kann ich nur empfehlen. Man macht das nicht so nebenbei, aber es lohnt sich auf jeden Fall.“

Quelle: Bischofskanzlei Greifswald (ak)