Festakt "30 Jahre friedliche Revolution" Mecklenburg-Vorpommern feiert "Herbst 1989" in Waren

16.10.2019 · Waren/Müritz. Mit einem Festakt hat das Land Mecklenburg-Vorpommern am Mittwoch in Waren (Müritz) "30 Jahre friedliche Revolution" gefeiert. Die Kleinstadt war ausgewählt worden, weil dort am 16. Oktober 1989 unter dem Motto "Eine Hoffnung lernt laufen" die erste Demonstration in MV erfolgte. Sie führte mit etwa 400 Teilnehmern von der Georgenkirche über den Neuen Markt zur Marienkirche.

Sie habe allergrößten Respekt vor allen, die im Herbst 1989 und in den Jahren zuvor für Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Reisefreiheit, Demonstrationsfreiheit und freie Wahlen eintraten, sagte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) in ihrem vorab verbreiteten Grußwort in der Marienkirche. Sie hätten Freiheit und Demokratie erkämpft. "Wir haben allen Grund, den Bürgerinnen und Bürgern zu danken, die damals auf die Straße gegangen sind und mutig Veränderungen eingefordert haben."

Markus Meckel fordert Zentrum für europäische Zeitgeschichte

Den Festvortrag hielt der Theologe und Politiker Markus Meckel (SPD). Er war von 1982 bis 1988 evangelischer Gemeindepastor in Vipperow (Müritz) und später einige Monate lang DDR-Außenminister. Die friedliche Revolution sei eine mitteleuropäische Revolution gewesen, sagte Meckel laut Redemanuskript. Man könne an sie nicht angemessen erinnern, ohne den Zusammenhang mit Polen, Ungarn, der Tschechoslowakei und der Sowjetunion anzusprechen. Deshalb gehörten diese europäischen Nachbarn eigentlich zu jeder Feier des Mauerfalls als Gäste dazu.

Die Freiheits- und Demokratiegeschichte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Osteuropa müsse noch besser erforscht und bewusst gemacht werden, sagte Meckel. Er forderte ein Zentrum für europäische Zeitgeschichte mit dem Schwerpunkt auf Opposition und Widerstand im Kommunismus. Dafür könnten die Forschungskapazitäten des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen genutzt und um europäische Mittel ergänzt werden.

Landtagspräsidentin Birgit Hesse (SPD) sagte, sie habe manchmal den Eindruck, dass die Herausforderungen, Schwierigkeiten und auch Enttäuschungen der Nachwendezeit dazu geführt hätten, dass das Erinnern an die friedliche Revolution "nicht den Stellenwert hatte, den es haben sollte". Deshalb müsse auch der persönliche Austausch über das, was war, fortgeführt werden.

Zentrales Gedenkzeichen vorgestellt

Vor dem Festakt gab es einen ökumenischen Gottesdienst in der Georgenkirche mit anschließender Kerzen-Demonstration zum Markt. Dort wurde nach dem Festakt der Siegerentwurf für das zentrale Gedenkzeichen von MV an die friedliche Revolution vorgestellt. Die begehbare Installation aus Stelen und Tafeln zweier Stuttgarter Künstler soll später vor der Warener Georgenkirche aufgestellt werden. Zudem wurden auf dem Markt Videosequenzen und Fotos von den Ereignissen im Herbst 1989 in MV gezeigt sowie Zeitzeugen interviewt.

Die Landesbischöfin der Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt (Schwerin), sagte in ihrer Predigt, heute müssten Freiheit und Menschenrechte in der Demokratie vor ihren Gegnern geschützt werden. Sie erinnerte an die Kerzen, die nach dem Terroranschlag in Halle vor vielen Synagogen entzündet wurden. "Dieses Mal standen die Kerzen für Trauer, Entsetzen und Fassungslosigkeit. Mitgefühl mit den Angehörigen der Getöteten und mit den Verletzten." Es seien Zeichen der Solidarität und Verbundenheit mit den jüdischen Bürgern, gegen die der rechtsextreme und antisemitische Anschlag von Halle gerichtet war.

In seiner Predigt mahnte der katholische Erzbischof Heiner Koch (Berlin) Solidarität an zwischen Reichen und Armen sowie zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft, Weltanschauungen, Religionen und Lebenserfahrungen. Der Geist der Liebe lasse den anderen eine Bereicherung sein. Benötigt werde ein Geist der Besonnenheit, nicht der raschen populistischen Parolen. "Wir müssen miteinander in Deutschland und in Europa im Geiste besonnen handeln, aufmerksam und achtsam."

Quelle: epd