Rechtsextremismus Unterschiedliche Reaktionen in MV zum NPD-Urteil
17.01.2017 · Schwerin.Der gescheiterte NPD-Verbotsantrag ist in Mecklenburg-Vorpommern auf unterschiedliche Reaktionen gestoßen. Innenminister Lorenz Caffier (CDU) bezeichnete es als Erfolg, "dass das NPD-Verbotsverfahren überhaupt durchgeführt wurde". Hingegen sagte der AfD-Landtagsfraktionschef Leif-Erik Holm, die vorhersehbare Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sei "vor allem eine Blamage" für Caffier und eine Verschwendung von Steuergeldern. Caffier ist seit seinem Amtsantritt 2006 ein vehementer Befürworter eines NPD-Verbotes. MV hatte viele Belege für die etwa 1.000 Seiten umfassende Materialsammlung zum Verbotsantrag beigesteuert.
Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) sagte, das Urteil sei bitter für ein Land wie MV. Im Nordosten habe die NPD in den vergangenen zehn Jahren ihre Kräfte konzentriert. Sie verfüge nach wie vor über Strukturen, über kommunale Mandate und Verbindungen in die Kameradschaftsszene. Die Landesregierung werde den Kampf gegen Rechtsextremismus und Gewalt fortsetzen.
Nach Ansicht des FDP-Landesvorsitzenden René Domke wäre es besser gewesen, die NPD und ihr Programm zu enttarnen. Notwendig sei eine demokratische Auseinandersetzung "mit den kruden und abwegigen Theorien der NPD-Funktionäre". Jetzt werde es für alle Demokraten schwieriger, "in die Köpfe der Leute zu dringen, die bei der NPD nach Lösungen suchen". Sollte es zu einem Aufstieg der NPD kommen, treffe die Initiatoren des Verbotsantrages zumindest die Schuld einer gewissen Fahrlässigkeit.
Die Vorsitzende der Linksfraktion im Landtag, Simone Oldenburg, sagte, mit dem Richterspruch sei eine Chance vertan worden, "finanzielle und personelle Quellen des Rechtsextremismus trockenzulegen". Das Urteil sei auch ein Signal für SPD und CDU, die Demokratie in allen Bereichen zu stärken. Dazu gehöre, das Landesprogramm "Demokratie und Toleranz gemeinsam stärken!" weiterzuentwickeln und für die Regionalzentren für demokratische Kultur mehr Geld bereitzustellen. Das Urteil sei keine Ohrfeige für Caffier, sondern Auftrag für alle, sich für Freiheit und Demokratie einzusetzen.
Die Grünen-Landesvorsitzende Claudia Müller bedauerte das Scheitern des Verbotsantrages. Es sei jedoch wenig überraschend. Zugleich begrüßte sie die Feststellung des Gerichts, dass die NPD verfassungsfeindlich ist. Allein die derzeitige bundesweite Schwäche habe diese Partei vor dem Verbot geschützt.
Innenminister Caffier sagte, er respektiere das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, auch wenn er auf ein anderes Ergebnis gehofft habe. Es zeige, "dass ein Parteienverbotsverfahren heute anderen rechtlichen Erwägungen unterliegt, als dies bei den früheren Verboten der Fall war". Außerdem habe das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil für den Gesetzgeber den Weg eröffnet, "zu prüfen, ob diese verfassungsfeindliche Partei von der Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden kann".
Das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe hatte seine Ablehnung des Antrags auf ein NPD-Verbot am Dienstag mit der geringen Wirkkraft der Partei begründet. Die Richter stellten aber auch fest, dass die NPD verfassungsfeindliche Ziele vertrete und eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus aufweise.
Quelle: epd