Akten sollen ins Bundesarchiv Streit um Reform der Stasiunterlagenbehörde dauert an
28.04.2016 · Berlin.Die Vorschläge der vom Bundestag eingesetzten Expertenkommission zur Zukunft der Stasi-Unterlagenbehörde (BStU) sind weiter umstritten. Bei einer Anhörung im Kulturausschusses des Bundestages warnten am Mittwoch in Berlin Vertreter von Opferverbänden und frühere DDR-Bürgerrechtler vor einem Schlussstrich unter der Aufarbeitung der SED-Diktatur.
Die Kommission unter dem Vorsitz des früheren Ministerpräsidenten Wolfgang Böhmer (CDU) schlägt vor, die Akten bis 2021 in das Bundesarchiv zu überführen. Sie sollen aber weiter zugänglich bleiben. Die Funktion des bisherigen Bundesbeauftragten empfiehlt die Kommission in einen Opferbeauftragten zu ändern.
Er könne viele der Bedenken der Kritiker nachvollziehen, sagte der amtierende Bundesbeauftragte Roland Jahn in der Anhörung. Aber besonders bedeutsam sei: "Das zentrale Anliegen für die Zukunft, die dauerhafte Sicherung des Stasi-Unterlagen-Archivs, sie ist in den Vorschlägen verankert."
Jahns Amtsvorgängerin Marianne Birthler sagte dagegen, sie sei enttäuscht von den Vorschlägen der Kommission. Sie habe auf Empfehlungen gehofft, die einen Aufbruch ermöglichen. Besonders die Umwandlung des Bundesbeauftragten in einen Opferbeauftragten sieht Birthler kritisch. Der Vorsitzende des SED-Opferverbandes UOKG, Dieter Dombrowski, erklärte, eine Auflösung der Stasiunterlagenbehörde sei völlig unnötig. "Das bedeutet eine Abkehr von der Aufarbeitung."
Die Landesbeauftragte von Sachsen-Anhalt, Birgit Neumann-Becker, sagte, die Vorschläge seinen keine Reform, sondern die Abwicklung einer funktionierenden Verwaltung. Die Schließung der Behörde sei ein "katastrophales Zeichen" für die Bürgerbewegung, Zivilgesellschaft und politische Bildung. Die Akten gehörten noch nicht ins Bundesarchiv, dafür seien sie noch zu stark nachgefragt.
Begrüßt wurden die Vorschläge der Kommission dagegen von dem Präsidenten der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, und dem Leiter der Leipziger Gedenkstätte "Runde Ecke", Tobias Hollitzer. Die Überführung der Akten in das Bundesarchiv wäre ein Signal, dass die SED-Aufarbeitung aus Sonderrolle in der gesamtdeutschen Normalität ankommt.
Quelle: epd