"Cora" fordert Kampagne in Rostock und Schwerin abzusagen Kritik an Mühlstein-Aktion und Bibelvers gegen Kindesmissbrauch

01.09.2015 · Rostock.

Eine geplante Mühlstein-Aktion gegen Kindesmissbrauch stößt auf Kritik in Mecklenburg-Vorpommern. Die Fachberatungsstellen für Betroffene von sexualisierter Gewalt und die Landeskoordinierungsstelle "Cora" lehnten die Aufstellung des 1,4 Tonnen schweren Mühlsteins in Rostock und Schwerin ab und forderten in einem am Montag verbreiteten Offenen Brief, die Aktion abzusagen. Die Brief ist unter anderem gerichtet an die Oberbürgermeister von Rostock und Schwerin, Roland Methling (parteilos) und Angelika Gramkow (Die Linke). Der Mühlstein enthalte eine biblische Inschrift mit einer fragwürdigen Botschaft, die die Forderungen nach der Todesstrafe für Täter impliziere.

Auf dem Stein ist ein Jesus-Wort aus dem Matthäus-Evangelium eingemeißelt. Darin heißt es: "Wer aber einem von diesen Kleinen, die an mich glauben, Ärgernis gibt, dem wäre es besser, wenn ihm ein Mühlstein an den Hals gehängt und er in die Tiefe des Meeres versenkt würde."

Die Forderung nach einer "Todesstrafe für Kinderschänder" sei eine aktuelle rechtsextreme Kampagne, die rechtsstaatliche, menschenrechtliche Grundsätze missachte und vermeintlich einfache Antworten auf komplexe Probleme gebe, kritisieren die Kinderschutz-Experten. Es seien meist Verwandte, Bekannte oder Freunde, die Kinder sexuell ausnutzten. Dadurch ergebe sich für die Kinder ein großer Zwiespalt: Die Opfer wollten zwar, dass die Gewalt endet, jedoch in den meisten Fällen nicht, dass den Tätern Grausames widerfährt.

Die Androhung der Todesstrafe für Sexualstraftäter könne somit die Aufdeckung von sexuellen Übergriffen erschweren und verhindern. Außerdem verweise der Mühlstein nicht auf die Situation und Gefühle der betroffenen Kinder und Jugendlichen selbst.

"Die Kirche ist nicht Veranstalter der Aktion", stellt Christian Meyer (Pressesprecher Kirchenkreis Mecklenburg), klar. Es sei zudem ein Missverständnis, dass das Bibelwort Jesu "ein Aufruf zur Selbstjustiz und zur Einführung der Todesstrafe" ist. Es sei vielmehr als "metaphorische Warnung" zu verstehen, die der Prävention diene. Der Offene Brief zeige jedoch, dass die Aktion offenbar Missverständnisse nicht ausschließt. Meyer: "Von daher wird es gut sein, wenn die Veranstaltenden der Aktion ihre Absicht noch einmal überdenken."

Die Kampagne gegen Kindesmissbrauch war 2008 im bayerischen Regensburg eröffnet worden. Seitdem "wandert" der Stein durch Deutschland. Der "Mahnende Mühlstein" soll als erste Station im Norden vom 19. September bis 16. November in Kooperation mit der Hansestadt Rostock auf kommunalem Grund und Boden vor der Rostocker Marienkirche anlässlich des Weltkindertages ausgestellt werden. In Schwerin soll er im Rahmen der Anti-Gewalt-Woche am 25. November gezeigt werden.

Quelle: epd/kmv