„Der Pastor genoss Vertrauen“ Zum Ordinationsjubiläum kamen 17 Geistliche – mit vielen Erinnerungen an früher

Von Marion Wulf-Nixdorf

Die 17 Jubilare mit Bischof Hans-Jürgen Abromeit (re.) und Propst Andreas Haerter (Mi.).

Fotos: M. Wulf-Nixdorf

25.10.2015 · Weitenhagen. Es ist ein Höhepunkt im Jahr, wenn Pastoren ihr rundes Ordinationsjubiläum feiern. 17 Pastoren trafen sich kürzlich in Weitenhagen bei Greifswald. Hans- Helmut Ohm, 85 Jahre alt, würde den Beruf noch einmal wählen, sagt er – und erzählt aus der Zeit vor und nach dem Mauerbau.

Es ist gute Tradition im Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis, dass ein Mal im Jahr die Pastoren eingeladen werden, die vor 25 Jahren und dann in Fünferschritten ordiniert wurden. Diesmal waren es 34, genau die Hälfte von ihnen konnte nach Weitenhagen kommen, wo das Jubiläum Anfang Oktober mit Gottesdienst und Beisammensein gefeiert wurde.

Vier der Eingeladenen sind bereits vor 60 Jahren ordiniert worden, in Hamburg, Bernau, Pasewalk und Heringsdorf leben sie inzwischen als Ruhestandspastoren. Leider konnte nur einer von ihnen kommen: Pastor Hans-Helmut Ohm, 85, voller Lebensfreude und Schalk. Die Predigt von Bischof Hans-Jürgen Abromeit sei zu lang gewesen, ein Gottesdienst habe nicht länger als eine Stunde zu dauern, krittelte er gleich mal unter Zustimmung anderer.

Und wäre er noch ein Mal vor die Berufsentscheidung gestellt: Ohm würde wieder Pastor werden, sagt er. Es sei ein toller Beruf, immer mit Menschen zu arbeiten. Und „ohne den Glauben an Jesus Christus hätte ich gar nicht leben können“. Noch vor dem Mauerbau von dem „bekannten und beliebten“ Bischof Krummacher war Ohm 1955 ordiniert worden, mit sechs oder acht Brüdern – „da müsste ich nachgucken“. An die damals noch volkskirchlichen Zustände in seiner ersten Pfarrstelle Medow bei Anklam erinnert er sich gern. „Wir genossen das volle Vertrauen in unseren Dörfern, wurden immer mit Herr Pastor angeredet“, erzählt er. „Wir waren zu jeder Hochzeit eingeladen, sollten mit jedem trinken – aber bei fünf Schnäpsen war für mich immer Schluss!“

Dass die DDR zu Ende ging, macht Ohm ohne Wenn und Aber froh. „Unsere drei Söhne durften kein Abitur machen“, erzählt er. „Ein Sohn wurde fünf Stunden vor dem Mauerbau 1961 geboren – danach wollten wir keine Kinder mehr.“ Im Pfarrdienst war Pastor Ohm wie viele seiner Altersgenossen zuerst mit dem Fahrrad, später mit dem Motorrad in den Dörfern unterwegs. In fünf Orten gab es Christenlehre, jede Woche kamen da rund 60 Kinder.

Ohms zweite Pfarrstelle wurde 1968 Ahlbeck. Dort übernahmen im Sommer Kurpastoren die Vertretung, „sehr zur Freude der Familie, so konnten wir zusammen in den Urlaub fahren“. Und sicher auch zur Freude der Kurpastoren, denn wie kam man sonst an die Ostsee? Ein Urlaubsplatz dort war für Kirchenleute Goldstaub. Gemeinsam mit den anderen Inselpastoren, genannt „die Viererbande“, lud Hans-Helmut Ohm jedes Jahr zu „Kirchenwochen“ ein. Nachmittags wurden Besuche gemacht, fanden Kinderstunden statt, abends wurde zu besonderen Veranstaltungen eingeladen – in einer Zeit ohne Fernseher. „Die Kirchenwochen haben wir neben unserer eigenen Gemeindearbeit gemacht“, erzählt er.

1994 ging Ohm in den Ruhestand und zog mit seiner Frau, die im Februar dieses Jahres verstarb, in den Nachbarort Heringsdorf. Zehn Jahre predigte er noch in Gottesdiensten, wenn Anfragen kamen. Heute guckt er sonntags erst im Fernsehen den Gottesdienst, geht dann um 11 Uhr in die Kirche. Er freut sich, „dass wir die beiden haben“: Pastorin Beate Kempf-Beyrich und Pastor Tillman Beyrich. Sein Wunsch für die Kirche ist, dass die Pfarrstellen „wieder kleiner gemacht“ würden. Denn die Nordkirche habe „viel zu viele landeskirchliche Stellen“.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 43/2015