"Bewusster Gegensatz zu unserer schnelllebigen Zeit" Neubrandenburger St. Georgs-Kapelle soll "Kirche der Stille" werden
Von Nicole Kiesewetter
Foto: N. Kiesewetter-Müllejans
Die mittelalterliche St. Georgs-Kapelle steht an einer dicht befahrenen Straße im mecklenburgischen Neubrandenburg und fristet doch ein Schattendasein. Viele Jahre war in dem Backsteinbau an der vierspurigen Rostocker Straße das städtische Standesamt ansässig, doch seit drei Jahren ist die Kapelle ungenutzt. Wenn es nach Felicitas Rohde-Schaeper und Antje Reich geht, soll sich das in den nächsten Jahren ändern: Mecklenburg-Vorpommern könnte hier die erste "Kirche der Stille" bekommen. Zielgruppe sind vor allem Kinder und Jugendliche. Jetzt wird nach einer Finanzierung gesucht.
Die Gemeindepädagoginnen möchten das aus dem 14. Jahrhundert stammende Gebäude inmitten von Einkaufsmärkten und Autoverkehr einen Ort der Stille und damit einen "bewussten Gegensatz zu unserer schnelllebigen Zeit" schaffen, wie Felicitas Rohde-Schaeper sagt. Aus ihrer Arbeit wissen die beiden, dass viele Kinder sich nach Stille sehnen und diese Erfahrung auch genießen. Doch in Zeiten von permanenter digitaler Kommunikation mit Smartphone und Internet ist das eine schwere Übung.
"Viele wissen gar nicht mehr, wie sie Ruhephasen für sich schaffen können", sagt Antje Reich. Schulklassen und Jugendgruppen aus Neubrandenburg sollen St. Georg besuchen, um mit speziellen pädagogischen Angeboten Wege in die Stille zu finden.
Seit über einem Jahr lesen Felicitas Rohde-Schaeper und Antje Reich Fachliteratur, besuchten mehrmals die "Kirche der Stille" in Hamburg, ließen sich auf Weiterbildungen inspirieren, schrieben Konzepte - und Fördermittelanträge. Denn bevor ihre Idee Wirklichkeit werden kann, muss die Kapelle für rund 200.000 Euro umgebaut werden. So braucht das Gebäude einen neuen Fußboden mit Fußbodenheizung und einen Schallschutz. "Wir erleben viel Wohlwollen", erzählen beide.
Die für den Umbau benötigten Mittel müssen durch verschiedene Projekte eingeworben werden. Eine Homepage www.wegeindiestille.de gibt es bereits. Dort kann man sich über das Vorhaben informieren und auch spenden. 12.000 Euro sind bereits zusammen gekommen. Den Plänen entsprechend soll die Kapelle 2020 fertig sein. Dafür rühren die Gemeindepädagoginnen nun emsig die Werbetrommel und bitten um finanzielle, aber auch um ideelle Unterstützung. "Wir möchten, dass sich möglichst viele Neubrandenburger mit dem Projekt identifizieren - wir wollen die Kapelle in ihre Herzen tragen."
Quelle: epd