Nordkirche Landesbischof Ulrich warnt vor geschichtslosem Leben
21.05.2015 · Kiel.Nordkirchen-Landesbischof Gerhard Ulrich hat davor gewarnt, die eigene Geschichte und insbesondere die NS-Zeit zu verdrängen. "Wir dürfen nicht erinnerungslos leben", sagte Ulrich am Mittwoch in der Kieler Christian-Albrechts-Universität. Anlass war das 350-jährige Bestehen der Theologischen Fakultät. "Das Leben duldet keinen Schlussstrich, keinen reinen Tisch", betonte der evangelischen Theologe. Das Leben brauche vielmehr Vergebung, und die sei "nicht zu haben ohne die Erinnerung".
Ulrich plädierte dafür, Lebensgeschichten aus der Familie weiterzuerzählen. Dies könne ein aktiver Schritt sein "gegen die Hoffnungslosigkeit der Todesgeschichten, die uns immer wieder einholen". Auf Dauer sei der Mensch nicht dazu fähig, in Verdrängungsmechanismen zu existieren, betonte der Landesbischof. Das Verdrängen der Geschichte führe immer wieder zu Ausgrenzung und Verfolgung von Menschen, Gruppen und Kulturen.
Ulrich erzählte auch von der Vergangenheit seiner eigenen Familie. Großadmiral Karl Dönitz, Gefolgsmann Adolf Hitlers und vor dem Kriegsende 1945 kurzzeitig sein Nachfolger als Reichspräsident, sei für seinen ansonsten politisch orientierungslosen Vater ein Held gewesen. Zur Beerdigung von Dönitz sei sein Vater 1981 auf den Friedhof nach Aumühle (Kreis Herzogtum Lauenburg) gereist. Er hätte sich von den Vätern, auch von denen der Kirche, mehr Klarheit, Abgrenzung und Bußfertigkeit gewünscht.
Quelle: epd