Nordkirche Kirchenleitung kritisiert Gesetzesänderungen im Asylrecht

15.12.2015 · Schwerin.

Die Kirchenleitung der Nordkirche hat die beschlossene und geplante Gesetzesänderungen im deutschen Asylrecht kritisiert. Beschleunigte Verfahren würden nicht erreicht, heißt es in dem am Dienstag in Schwerin veröffentlichten und von Landesbischof Gerhard Ulrich als Vorsitzendem unterschriebenen Erklärung. Stattdessen höhlten die Maßnahmen das individuelle Recht auf Asyl aus. Die Erklärung ist an die 156 Mitglieder der Landessynode in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern verschickt worden.

Nach Ansicht der Kirchenleitung verstoßen etliche Neuregelungen gegen Grundrechte. So werde der Familiennachzug deutlich erschwert und die Leistungen würden zum Teil unter das vom Bundesverfassungsgericht definierte Existenzminimum gesenkt. Für "geradezu unmenschlich" hält es die Kirchenleitung, dass Abschiebungen nach Ablauf der Ausreisepflicht nicht mehr angekündigt werden dürfen. Dies werde vermehrt zu nächtlichen Abschiebungen führen. Für betroffene Menschen bedeute dies eine ständige Angst und Unsicherheit, mitunter über Jahre.

Im Namen der Kirchenleitung appelliert Landesbischof Ulrich an die politisch Verantwortlichen, "ihren Bemühungen um Schutz und Integration geflüchteter Menschen auch in der Gesetzgebung Ausdruck zu verleihen".

Die Kirchenleitung vertritt die Nordkirche in der Öffentlichkeit und leitet sie im Rahmen der Beschlüsse der Landessynode. Sie wirkt mit beim Einsatz der Pastoren und ist Aufsichtsgremium für das Landeskirchenamt. Die erste Kirchenleitung der Nordkirche ist seit 2013 im Amt. Ihre Amtszeit endet 2019. Kraft ihres Amtes gehören auch die Bischöfin Kirsten Fehrs (Hamburg), Bischof Andreas von Maltzahn (Schwerin), Bischof Hans-Jürgen Abromeit (Greifswald) und Bischof Gothart Magaard (Schleswig) der Kirchenleitung an. Die Mehrheit stellen elf Ehrenamtliche.

Quelle: epd


Die Erklärung im Wortlaut:

Die Erste Kirchenleitung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) anerkennt die politischen Bemühungen, sich den Herausforderungen des Schutzes und der Integration der großen Zahl nach Deutschland geflüchteter Menschen zu stellen. „Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten und du sollst ihn lieben wie dich selbst.“ (3. Mose, 19.34)

Die Erste Kirchenleitung sieht die beschlossenen und derzeit geplanten Gesetzesänderungen im deutschen Asylrecht allerdings mit großer Sorge. Deren vorrangiges Ziel – die Beschleunigung der Verfahren – wird nicht erreicht. Vielmehr höhlen diese Maßnahmen das individuelle Asylrecht aus und verschlechtern die Rechtsstellung insbesondere für Asylsuchende aus den sogenannten sicheren Herkunftsländern erheblich. Zudem verstoßen nach Ansicht der Ersten Kirchenleitung etliche der Neuregelungen gegen Grundrechte. So wird der Familiennachzug deutlich erschwert, und die Leistungen werden zum Teil unter das vom Bundesverfassungsgericht definierte Existenzminimum gesenkt. Für geradezu unmenschlich hält die Erste Kirchenleitung, dass Abschiebungen nach Ablauf der Ausreisepflicht nicht mehr angekündigt werden dürfen. Dies wird vermehrt zu nächtlichen Abschiebungen führen. Für die betroffenen Menschen bedeutet dies eine ständige Angst und Unsicherheit, mitunter über Jahre.

Die Erste Kirchenleitung appelliert an die politisch Verantwortlichen, ihren Bemühungen um Schutz und Integration geflüchteter Menschen auch in der Gesetzgebung Ausdruck zu verleihen.