Der Tod kommt im Tanzkleid Der Wolgaster "Totentanz" ist nach acht Jahren fertig saniert
Von Nicole Kiesewetter
Foto: N. Kiesewetter
05.09.2014 · Wolgast. Der "Totentanz" in der Stadtkirche von Wolgast (bei Usedom) zeigt den Besuchern anschaulich, wie präsent der Tod im Alltag der Frühen Neuzeit war. Acht Jahre lang wurden die 24 Tafeln aus dem 17. Jahrhundert aufwendig restauriert. Jetzt wurden die Arbeiten abschlossen.
"Durch Evas Lust und Satans List - Der Tod in diese Welt kommen ist." Auch wenn der Wolgaster Totentanz nicht unbedingt durch seine Dichtkunst besticht, ist er allemal eine Reise in die vorpommersche Kleinstadt wert. Die ein Quadratmeter großen Tafeln sind in den beiden Seitenschiffen der imposanten Stadtkirche St. Petri angebracht und gelten europaweit als eine der am vollständigsten erhaltenen Totentanz-Darstellungen.
Küster Ulrich Kober nennt den "Totentanz" auch den "ersten Comic". Entstanden sind die Tafeln als Folge der mittelalterlichen Pestepidemien. Sie zeigen, wie der Tod die Menschen unabhängig von Stand, Alter und Beruf zu sich holt. "Die Menschen konnten damals größtenteils nicht lesen", erläutert Kober. Da sei diese Art der Darstellung eine Möglichkeit gewesen, sich mit dem Tod auseinanderzusetzen.
Nach acht Jahren ist das aus dem 17. Jahrhundert stammende Kunstwerk nun fertig saniert. Die Bilder wurden gereinigt, die Malschicht gefestigt und Fehlstellen retuschiert. Restauratorin Ulrike Hahn hat das Projekt von Beginn an mit begleitet. Faszinierend findet sie, "dass das Fatale so leicht gemacht ist". Besonders angetan hat es ihr das Bild "Die Weiber", auf dem sich der Tod im roten Kleid einer Gruppe tanzender Frauen nähert. Dazu heißt es: "Kein Weibsbild ist so hoch geboren - Es muss mit dran, taets ihr gleich zorn".
Dabei verhehlt die Wolgaster Gemeinde nicht, dass der kunsthistorische Wert ihres Totentanzes nicht in seinem Maler begründet liegt. Caspar Siegmund Köppe war vermutlich ein Reeder, der die Bilder nach einer Vorlage von Hans Holbein d.J. gemalt hat, nachdem er durch eine Epidemie Frau und Kinder verloren hatte. Der Reiz liege vielmehr in der Darstellung des Alltags, sagt Küster Ulrich Kober. "Die Bilder können uns noch so viel erzählen von den Menschen und ihren Ängsten um 1700."
Gescheitert ist allerdings der Vorschlag der Wolgaster Gemeinde, dass beispielsweise Ärzte, Juristen und Kaufleute die Restaurierung derjenigen Tafeln unterstützen, die ihre eigene Berufsgruppe darstellen. "Es will eben keiner mit dem Tod in Verbindung gebracht werden", mutmaßt Küster Kober. Aber das sei eben genau die Botschaft der Bilder: "Wir verdrängen den Tod, er ist aber immer da - und daran sollen wird denken." Dabei machen die makaber-humorvollen Weisheiten auch vor der Geistlichkeit nicht halt: "Der Diener Gottes an dem Wort - Wanns Glas ist aus, muß auch mit fort".
Quelle: epd