Internetmedien haben hohes Suchtpotential Suchtberaterin: Internet-Regulierung überfordert viele Eltern

08.10.2014 · Hamburg.

Nach Beobachtungen der Hamburger Suchtpräventionsexpertin Colette See fühlen sich viele Eltern bei der Regulierung des Internet-Konsums ihrer Kinder überfordert. Die technische Entwicklung schreite schneller voran als die Regelsetzung der Eltern, sagte die Referentin der Hamburgischen Landesstelle für Suchtfragen dem epd. Etwa die Hälfte der Eltern kümmere sich überhaupt nicht um den Medienkonsum ihrer Kindern und setze auch keine Regeln. See spricht heute während des Fachgesprächs "Das digitale Kinderzimmer", das die Techniker Krankenkasse (TK) in Hamburg veranstaltet.

Laut einer bundesweiten TK-Studie von 2014 besitzen 79 Prozent der 12- bis 17-Jährigen ein Smartphone, 64 Prozent einen Computer und 57 Prozent eine Spielkonsole. Eine zeitliche Vorgabe für die Mediennutzung werde angesichts der technischen Entwicklung zunehmend nutzlos, sagte See. Wer ein Smartphone nutze, sei ständig online. "Viel Online-Sein heißt aber nicht, dass man süchtig ist." Eine sinnvolle Regel könnten etwa "stromfreie Zeiten" für Mahlzeiten oder gemeinsame Medienzeiten sein. Viele Eltern fühlten sich in der Defensive, wenn sie Facebook oder WhatsApp nicht kennen. Dies sei etwa bei illegalen Drogen anders, so See. Auch wer noch nie Crystal Meth probiert habe, wisse um die Schädlichkeit.

Wie drängend das Problem ist, zeigt das hohe Suchtpotenzial der Internet-Medien, zu denen Rollenspiele, Glücksspiele, Facebook und Sexangebote zählen. Fünf Prozent der Nachfragen in Hamburger Suchberatungsstellen haben laut See exzessive Internetnutzung zum Thema. Je nach Studie gelten vier bis zehn Prozent der Jugendlichen als gefährdet. Nach einer Umfrage in Hamburg sind 20 Prozent der Jugendlichen mit arabischen oder asiatischen Wurzeln suchtgefährdet. Eine besonders große Anziehungskraft für ängstliche und frustrierte Jugendliche haben offenbar Internet-Rollenspiele, die eine ständige Anwesenheit erfordern und einzelne Spieler fest in eine Gruppe einbinden.

See fordert von den Beratungsstellen verbesserte einheitliche Qualitätsstandards. Die Beratung hänge zu häufig noch von der eigenen Einstellungen der Beratenden ab. Zudem sollten die Schulen das Thema Mediennutzung noch stärker berücksichtigen. 86 Prozent der Hamburger Lehrkräfte hätten signalisiert, dass sie eine schulische Suchtprävention für notwendig halten. In den Familien müssten sich vor allem die Väter ihrer Verantwortung stellen. See: "Meistens führen die Väter die Kinder an die Medien heran - und die Mütter müssen dann die Regeln setzen."

Quelle: epd