Protestanten begehen Reformationstag Evangelische Kirche ruft zu mehr Engagement für Flüchtlinge auf
01.11.2014 · Frankfurt a.M. Die Situation von Flüchtlingen stand im Mittelpunkt der Feiern zum Reformationstag. Berlins Bischof Dröge forderte eine europäisch koordinierte Flüchtlingspolitik. Bayerns Bischof Bedford-Strohm würdigte ehrenamtliches Engagement für Flüchtlinge.
Am Reformationstag haben die evangelischen Kirchen mehr Solidarität mit Flüchtlingen angemahnt. Die evangelische Auslandsbischöfin Petra Bosse-Huber forderte am Freitag in der Wittenberger Schlosskirche mehr politische, gesellschaftliche und kirchliche Anstrengungen angesichts der Millionen Flüchtlinge weltweit ein. Die Auslandsbischöfin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) erklärte, die bisher geleistete Hilfe für die unzähligen Flüchtlinge reiche nicht aus.
Der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm würdigte das Engagement von Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsbetreuung. Am Umgang mit den Asylbewerbern werde sich zeigen, "ob wir die christlichen Werte nur im Munde führen oder ob wir sie auch dann leben, wenn es Zeit und Geld kostet," sagte Bedford-Strohm in Bamberg. Der rheinische Präses Manfred Rekowski forderte die Kirchen auf, sich politisch einzumischen und für Gerechtigkeit einzutreten. "Glaube hat Bodenhaftung und Lebensbezug, oder er ist frömmelnde Spinnerei", sagte er in Köln.
Der Berliner Bischof Markus Dröge forderte eine "neue, aktive, europäisch abgestimmte Flüchtlingspolitik". Notwendig sei derzeit, in mörderischen Kriegen wie dem Kampf gegen den Terror des "Islamischen Staates" militärische Hilfe zu leisten, um noch Schlimmeres zu verhindern, betonte Dröge. Dabei müsse die Weltgemeinschaft mit mehr Nachdruck dazu gebracht werden, "endlich mehr Schutzkonzepte für verfolgte Minderheiten zu vereinbaren", Waffenexporte einzudämmen und die UN-Blauhelmtruppen zu stärken.
Vor dem Hintergrund des IS-Terrors rief der pfälzische Kirchenpräsident Christian Schad zu Toleranz und gegenseitigem Respekt auf. Die Kirchen der Reformation müssten aus ihrer eigenen Geschichte heraus dafür sorgen, "dass kein Keil zwischen Menschen unterschiedlicher Religionen getrieben und Hass nicht mit Hass beantwortet wird", sagte Schad in Kusel. Die Grausamkeiten der Terrormiliz "Islamischer Staat" seien ein "Zivilisationsbruch ungeahnten Ausmaßes".
"Beitrag der Kirchen ist unverzichtbar"
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) forderte die Christen auf, sich mit ihren unterschiedlichen religiösen Überzeugungen in die Politik einzubringen. "Die Kirche hat viel zu sagen und den Menschen viel zu geben", sagte Dreyer in Trier. Es gebe viele Herausforderungen, die Politik und Kirche nur gemeinsam bewältigen könnten. Als Beispiel nannte sie die Armutsbekämpfung und die Hilfe für Asylsuchende. Zugleich hob die Ministerpräsidentin den Beitrag der evangelischen Kirchen zu Mauerfall und Wiedervereinigung als "historischen und überragenden Verdienst" hervor.
In einem Festgottesdienst in der Stadtkirche von Weimar forderte die mitteldeutsche Bischöfin Ilse Junkermann die Gläubigen dazu auf, die Augen vor dem Leid in der Welt nicht zu verschließen und Zeichen zu setzen, "für Menschenwürde, Frieden und Gerechtigkeit". Mit dem Gottesdienst eröffnete die mitteldeutsche Kirche das Themenjahr "Bild und Bibel" im Rahmen der Lutherdekade. Mit der Lutherdekade bereiten Staat und Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) gemeinsam das Reformationsjubiläum vor.
In Hamburg wurde das Themenjahr am Nachmittag bundesweit eröffnet. Bereits zuvor hatten die Reformationsbotschafterin Margot Käßmann und Hamburgs Bischöfin Kirsten Fehrs in der Hansestadt einen Apfelbaum gepflanzt. Der Apfelbaum sei ein Zeichen, "dass wir für das Leben einstehen", sagte Käßmann. Mit der Aktion sollte an den Lutherspruch "Und wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen" erinnert werden.
Vor fast 500 Jahren, am 31. Oktober 1517, veröffentlichte Martin Luther in Wittenberg seine 95 Thesen gegen die Missstände der spätmittelalterlichen Kirche. Das Datum gilt als Beginn der Reformation. In Wittenberg fand erneut ein traditionelles Reformationsfest mit historischem Marktspektakel, Konzerten, Vorträgen und einem Konfirmandentreffen statt.
Quelle: epd