Protest gegen NPD-Aufmarsch Kirchengemeinde Demmin lädt zum Friedensgebet ein
07.05.2014 · Demmin//Greifswald. Am 8. Mai, dem Gedenktag der Befreiung vom Nationalsozialismus und der Beendigung des 2. Weltkrieges, lädt die Kirchengemeinde Demmin um 17 Uhr zu einem ökumenischen Friedensgebet in der Kirche St. Bartholomaei ein. Seit einigen Jahren marschiert die NPD am 8. Mai in einem Fackelzug durch Demmin. Zahlreiche Parteien, Organisationen und die Stadt beziehen in verschiedenen Aktionen dagegen Position.
„Als Kirche ist es uns ein Anliegen, an diesem Tag für den Frieden, den wir seit 69 Jahren haben, zu danken und Gott um seinen Frieden zu bitten“, sagt der Demminer Pastor Norbert Raasch. Am Friedensgebet beteiligt sich diesmal auch DDR-Bürgerrechtler Heiko Lietz. „Wir freuen uns, dass Landesrabbiner William Wolff den Schlusssegen sprechen wird“, so Raasch.
Das Friedensgebet diene gleichsam als Scharnier zwischen den Aktionen der Stadt auf dem Marktplatz von 15 bis 17 Uhr und dem anschließenden historischen Mahngang mit einer Ansprache William Wolffs auf dem jüdischen Friedhof. Pastor Raasch: „In dem Friedensgebet gedenken wir der Millionen Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen und des Krieges. Hier in Demmin denken wir besonders an Hunderte Frauen und Männer, die sich bei Kriegsende aus Furcht vor den russischen Soldaten das Leben genommen haben.“
Der Greifswalder Bischof Dr. Hans-Jürgen Abromeit begrüßt das Friedensgebet und das Engagement des Aktionsbündnisses gegen Rechtsextremismus. „Christlicher Glaube und rechtsextremes Gedankengut schließen sich aus. Gottes Liebe gilt unterschiedslos allen Menschen unabhängig davon, aus welcher Region sie stammen oder welche Hautfarbe sie haben. Deswegen dürfen wir niemanden ausgrenzen“, sagt Abromeit.
Politiker rufen zu Protest auf
Die Landtagsfraktionen von SPD und Linke sowie der Grünen-Landesverband MV haben zum Protest gegen einen NPD-Fackelmarsch aufgerufen. Der Jahrestag des Kriegsendes dürfe nicht von der NPD missbraucht werden, teilte SPD-Fraktionschef Norbert Nieszery mit. Mehrere Mitglieder der SPD-Landtagsfraktion beteiligten sich an den zahlreichen Protestveranstaltungen. Gemeinsam mit den jüdischen Gemeinden, den demokratischen Parteien, Organisationen und Verbänden sowie den Aktionsbündnissen solle ein deutliches Zeichen für Demokratie und Toleranz gesetzt werden.
Abgeordnete und Mitarbeiter der Linksfraktion werden am Donnerstag eine Mahnwache in Demmin halten, teilte die Landtagsfraktion in Schwerin mit. Am 8. Mai, der in MV als offizieller Gedenktag begangen wird, "erinnern wir an die Gräueltaten der NS-Diktatur, an millionenfaches systematisches Morden in den Konzentrationslagern, an Verfolgung, Leid und Terror sowie die verheerenden Folgen von Krieg, Zerstörung, Flucht und Elend", erklärte Fraktionschef Helmut Holter.
Auch der Landesvorsitzende der Grünen, Andreas Katz, rief zum friedlichen Protest gegen den sogenannten "Trauermarsch" der NPD auf, der alljährlich am 8. Mai in Demmin stattfindet. Mit ihrem demonstrativen Gedenken an deutsche Kriegsopfer versuche die NPD, "das unermessliche Leid vergessen zu machen, das Hitlers Deutschland über andere Länder und über Menschen brachte". Dabei blende die NPD aus, dass das Leid der Deutschen zum Kriegsende letztlich die Folge der NS-Verbrechen an Millionen Menschen war.
Beim Einmarsch der Roten Armee in die Hansestadt am 30. April 1945 hatten sich nach Schätzungen von Historikern zwischen 1.200 und 2.500 Demminer das Leben genommen. Viele Familien ertränkten sich im Fluss Tollense, viele nahmen Gift, andere erschossen sich. Die Stadt Demmin gedenkt jährlich mit Kranzniederlegungen und Gottesdiensten an dieses Ereignis. Die Rechtsextremen nutzen die damaligen Ereignisse seit Jahren für Aufzüge.
Quelle: Bischofskanzlei Greifswald/epd