Friedensarbeiter der stillen Töne Dresdner Altbischof Johannes Hempel wird 85 Jahre alt
Von Katharina Rögner
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22.03.2014 · Dresden. Als herausragenden Prediger und hartnäckigen Mahner kennen ihn viele. Der evangelische Theologe Johannes Hempel ist ein Friedensarbeiter per excellence. Geschätzt wurde er auch als deutsch-deutscher Vermittler. Am Sonntag wird er 85 Jahre alt.
Wenn nötig, hat er auch Tabus gebrochen. Der Dresdner Altbischof Johannes Hempel ist für seine unaufdringliche und beharrliche Art bekannt. Dabei findet er auch deutliche Worte. Wie etwa im Oktober 1983 in Worms, wo er neben vielen Gästen zum Festakt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) eingeladen war. Anlass war der 500. Geburtstag Martin Luthers und der sächsische Bischof war als Vorsitzender des DDR-Kirchenbundes vor Ort.
Der ebenfalls anwesende damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) musste sich den besorgten Hinweis gefallen lassen, dass weitere Raketen nicht mehr Frieden schaffen - und das alles auf dem Höhepunkt der politischen Auseinandersetzung um die Nachrüstung atomarer Mittelstreckenraketen in der Bundesrepublik. Hempel lag immer daran, die Sorgen der ostdeutschen Kirchen auch im Westen verständlich zu machen.
Am 23. März feiert der langjährige Bischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens seinen 85. Geburtstag. Für seine Überzeugung ging der Theologe stets neue, unbequeme Wege. Trotz Promotion und gleich mehrerer kirchlicher Ämter blieb er jedoch immer bescheiden. Ob bei kirchlichen Konflikten oder Auseinandersetzungen mit den SED-Behörden - Pathos brauchte Hempel nicht. Er ist ein Mann der leisen, nachdenklichen Töne.
Geboren wurde er 1929 im ostsächsischen Zittau. Nach dem Abitur studierte er zunächst in Tübingen und Heidelberg Philosophie, Germanistik und Geschichte. 1950 wählte er Evangelische Theologie dazu und wechselte wenig später an die Kirchliche Hochschule in West-Berlin.
Einfache Wege ist Hempel auch in persönlichen Entscheidungen nie gegangen. Er gehörte zu jener kleinen Zahl evangelischer Theologen, die Anfang der 50er Jahre dem Ruf der ostdeutschen Bischöfe folgten und aus Westdeutschland in die DDR zurückkehrten. Nach Examen und Vikariat übernahm er ein Pfarramt im sächsischen Gersdorf, ab 1958 an der Thomaskirche in Leipzig, wo er zwischen 1963 und 1967 als Studentenpfarrer und danach als Studiendirektor am Predigerkolleg St. Pauli tätig war.
Schließlich stand er von 1972 bis 1994 an der Spitze der sächsischen Landeskirche. 1975 wurde er Mitglied des Zentralausschusses und des Exekutivausschusses des Ökumenischen Rates der Kirchen in Genf, der ihn 1983 zu einem seiner sieben Präsidenten wählte.
Hempel war über die Grenzen Sachsens als profilierter Theologe, Ökumene-Experte und gesuchter Seelsorger bekannt. Im Herbst 1989, am alles entscheidenden Abend des 9. Oktober, mahnte er die Menschen bei den Leipziger Friedensgebeten nachdrücklich, bei den anschließenden Demonstration auf Gewaltlosigkeit zu setzen.
"In den 80er Jahren habe ich das standfeste und umsichtige Handeln der Bischöfe bewundert", sagt der heutige sächsische Landesbischof Jochen Bohl mit Blick auf seinen Amtsvorgänger. Auch in den vergangenen Jahren habe Hempel ihm mit Antworten auf wichtige Fragen geholfen, so Bohl.
Den immer wieder vorgebrachten Vorwurf an die sächsische Landeskirche und an Hempel persönlich, "Mitgestalter" des DDR-Systems gewesen zu sein, weist dieser entschieden zurück. "Hier stimmt etwas nicht", widerspricht er. Die "Konfliktbewältigung" zwischen Staat und Kirche in der Diktatur sei "ein richtiger Job" gewesen, "meistens rau, manchmal hart".
In den 90er Jahren setzte Hempel als stellvertretender Vorsitzender des ersten Rates der wiedervereinigten Evangelischen Kirche wichtige Impulse für die vertrauensvolle Zusammenarbeit nach den Jahrzehnten der erzwungenen Trennung. Immer wieder hat er sich für die deutsch-deutsche Verständigung eingesetzt. Im Herbst 2003 erhielt er das Bundesverdienstkreuz.
Es ist stiller geworden um den 85-Jährigen. Einer seiner wenigen öffentlichen Auftritte war im April 2013 auf der sächsischen Landesssynode in den Räumen des Militärhistorischen Museums in Dresden. Dort wurde von Rednern sein Begriff von der "schmerzenden Arbeit" auf dem Weg zum Frieden aufgegriffen. Hempel hatte ihn in den 80er Jahren geprägt. Von der Tagung im Museum und den Debatten zeigte er sich begeistert: "Ich bin sehr froh, dass das Thema Friedensarbeit nicht aufhört."
Quelle: epd