Landesbischof Ulrich im Gespräch "Ohne Berührungsängste werben für eine gute Sache"

06.07.2014 · Schwerin. In Vellahn (Kreis Ludwigslust-Parchim) trafen sich am Sonnabend etwa 170 Vertreter von Fördervereinen für Sakralbauten in der Nordkirche. Allein in MV engagieren sich schon rund 200 derartige Vereine. In der Nordkirche gibt es 1.881 Kirchen, darunter 664 in Mecklenburg und 448 in Vorpommern. Anne-Dorle Hoffgaard sprach darüber mit dem Landesbischof Gerhard Ulrich.

Herr Landesbischof, kann der westliche Teil der Nordkirche im Blick auf Kirchenbau-Fördervereine vom Osten lernen?

Gerhard Ulrich: Sicher, in diesem Bereich können wir sehr wohl voneinander lernen, allerdings ist das keine Frage von Ost oder West. Es geht immer um ein gezieltes Engagement vor Ort, möglichst konkret und nah bei den Menschen im Dorf, im Stadtteil. Dort ohne Berührungsängste auf die Menschen zuzugehen und zu werben für eine gute Sache, beispielsweise für den Erhalt einer Kirche oder eines konkreten Einzelvorhabens dazu, oder für eine Orgelsanierung - darum geht es. Die Kirche, ihre "Einrichtungsgegenstände" und Instrumente sind dabei immer für alle da, nicht nur für Gemeindeglieder. Und ich bin allen dankbar, die sich einsetzen und deutlich machen, wie wichtig unsere Kirchen für das Zusammenleben der Menschen vor Ort sind.

In den Kirchbau-Fördervereinen engagieren sich auch viele Nichtchristen. Ist das möglicherweise auch eine Möglichkeit zur Missionierung?

Gerhard Ulrich: Es ist gut und richtig, dass sich viele Menschen vor Ort engagieren mit Zeit und Geld. Und natürlich halten wir Kirchenleute mit unserer Botschaft nicht hinter dem Berg: Es geht in einer evangelischen Kirche immer um die Verkündigung der guten Botschaft von Gottes Liebe und Gerechtigkeit durch Worte und durch Taten. Dazu dient auch jedes Kirchgebäude. Mission findet dort statt und ist dort gut und richtig, wo sich Menschen von dieser Botschaft anstecken lassen, also hineinkommen in Gottes Geschichte mit seiner Kirche und seiner Welt. Gegen eine "Missionierung" in diesem Sinne ist nichts zu sagen. Im Gegenteil: Mission ist für eine evangelische Kirche ein "essential" ihres Auftrags.

Im pommerschen Kirchenkreis gibt es einen Pastor, der 17 Predigtstätten zu versorgen hat. Wie stehen Sie zu der immer mal wieder laut werdenden Forderung, Kirchengebäude aufzugeben?

Gerhard Ulrich: Statt über eine Aufgabe zu reden, wünsche ich mir viel mehr Phantasie und Kreativität darin, wie denn die Gebäude angemessen genutzt werden können. Natürlich mit Gottesdiensten, aber auch mit Konzerten, anderen Veranstaltungen, Ausstellungen usw. All das kann geistlich gehaltvoll geschehen, und nicht notwendigerweise muss dafür eine Pastorin oder ein Pastor dabei sein. Es gibt in der evangelischen Kirche das "Priestertum aller Getauften", die ihren Teil der geistlichen Leitung der Gemeinde übernehmen können und sollen.

Quelle: epd