Wort zum neuen Jahr von Bischof Dr. Andreas von Maltzahn 2015 – Den Weg des Friedens gehen

Bischof Dr. Andreas von Maltzahn

© Nordkirche

31.12.2014 · Schwerin.

Das alte Jahr hinterlässt dem neuen etliche Konflikte: Heiße Kriege in Syrien, Irak und der Ostukraine und ein drohender kalter Krieg mit Russland zeigen, wie zerbrechlich der Frieden ist. In unserer eigenen Gesellschaft wird gegen eine vermeintliche Islamisierung der Gesellschaft und gegen Einwanderer demonstriert. Andere gehen dagegen auf die Straße, weil sie für eine offene Gesellschaft und die Aufnahme von Flüchtlingen sind.
 
Wie aus einer anderen Welt mag da die biblische Losung für das Jahr 2015 erscheinen: „Darum nehmt einander an, wie auch Christus uns angenommen hat, zu Gottes Lob.“ (Röm 15,7) „Hintergrund dieser Mahnung war ein Konflikt in der Christengemeinde zu Rom. Unterschiedliche Auffassungen über den richtigen Lebensstil zwischen Christen unterschiedlicher religiöser und kultureller Herkunft drohten die römische Gemeinde zu spalten. Paulus, der Verfasser des Römerbriefs, bezieht in der Streitfrage eine klare Position, fordert jedoch trotzdem, einander anzunehmen. Was wie eine Verkleisterung von Konflikten wirken könnte, ist in Wahrheit das Grundmuster einer friedensfähigen Streitkultur: Sich klar in der Sache zu positionieren – ohne den Konfliktpartner, den Menschen aufzugeben oder ihn gar zu verteufeln.
 
Eine solche Streitkultur täte auch unserer Gesellschaft gut. In der Sache kann ich Forderungen wie die der PEGIDA nur ablehnen. Jeder Mensch und erst recht jede Partei sollte sich genau überlegen, ob sie auf der richtigen Veranstaltung sind, wenn sie gemeinsam mit Neonazis demonstrieren. In der Sache kann ich es nur ablehnen, wenn eine ganze Religion aus unserer Gesellschaft ausgegrenzt werden soll. In der Sache kann ich nur sagen: Es widerspricht Gottes Gebot, Flüchtlingen Hilfe zu verweigern. In der Sache gibt es für mich keine Toleranz mit solcher Intoleranz.
 
Zu einer friedensfähigen Streitkultur gehört es aber auch, die Konfliktpartner als Menschen nicht aufzugeben. Warum wurden sie so, wie sie jetzt sind? Welches Unbehagen mit gesellschaftlichen Entwicklungen, welche Ängste bewegen sie? Dies zu verstehen, braucht die Bereitschaft zum Gespräch – auf beiden Seiten. Erst damit besteht die Chance, der Vielfalt möglicher Beweggründe auf die Spur zu kommen und durch gegenseitiges Verstehen friedensfähig zu werden.
 
Den aufmerksamen Blick für den Menschen im Konfliktpartner behalten, gepaart mit Klarheit in der Sache – das kann uns einem gesellschaftlichen Konsens in strittigen Fragen näher bringen. Im Sinne einer Frieden stiftenden Streitkultur wünsche ich allen Menschen in Mecklenburg-Vorpommern ein friedliches und gesegnetes neues Jahr!
 
Dr. Andreas von Maltzahn, Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern, Schwerin