Ökumene Theologe Körtner verteidigt EKD-Papier "Rechtfertigung und Freiheit"

06.08.2014 · Frankfurt a.M.

Der Wiener evangelische Theologe Ulrich H. J. Körtner hat sich nachdrücklich hinter das Papier "Rechtfertigung und Freiheit" der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gestellt. Es scheine, dass manche katholischen Kritiker nach Vorwänden suchten, um sich der Herausforderung eines ökumenischen Reformationsjubiläums 2017 nicht länger stellen zu müssen, schreibt er in einem Beitrag, den das Internetportal "evangelisch.de" am Dienstag veröffentlichte. Auch die Einwände von Kirchenhistorikern hält Körtner für nicht nachvollziehbar.

Das 112-seitige EKD-Dokument war im Mai veröffentlicht worden und hatte eine breite Kontroverse ausgelöst. Der Text beleuchtet mit Blick auf die 500-Jahr-Feier der Reformation die Grundlagen der Theologie von Martin Luther (1483-1546), in deren Zentrum die Rechtfertigungslehre steht. Dabei geht es um die Frage, wie der Mensch Gnade vor Gott findet. Historiker hatten den Autoren daraufhin vorgehalten, die Reformationsgeschichte für gegenwärtige Zwecke zu instrumentalisieren. Von katholischer Seite hieß es, das Papier blende wesentliche Fortschritte im ökumenischen Dialog aus.

Körtner schreibt, die Kritiker schienen zu übersehen, dass der Text kein "Handbuch der Reformationsgeschichte" sei, sondern versuche, Grundaussagen der reformatorischen Theologie für die Gegenwart verständlich zu machen. Vielleicht spiele auch "gekränkte Eitelkeit" eine Rolle, so der Theologe. Die Historiker Heinz Schilling und Thomas Kaufmann, die die Kritik vorgebracht hatten, gehörten nicht zu der von der EKD berufenen Kommission, die das Dokument ausgearbeitet hatte.

Erstaunt zeigt sich der Wiener Forscher auch über katholische Einwände, das Papier schließe eine ökumenische Verständigung über Rechtfertigung und Gnade aus. Der Text betone vielmehr ausdrücklich, dass es den Glauben an Christus nicht ohne Kirche gebe und dass dieser Glaube immer auch ein tätiger Glaube sei, schreibt Körtner. Auch die Bedeutung der Tradition werde nicht in Abrede gestellt. Zudem bestehe die Gnade auch nach evangelischem Verständnis nicht ohne die vom Heiligen Geist inspirierten Werke. Allerdings unterscheide Gottes Gnade nach reformatorischer Auffassung zwischen Person und Werk.

Für eine ökumenische 500-Jahrfeier müsse die katholische Kirche die Frage beantworten, was sie "möglicherweise der Reformation zu verdanken hat", äußert der Theologe weiter. Die Protestanten sollten sich fragen, "was sie in Geschichte und Gegenwart der katholisch gebliebenen römischen Kirche für das eigene Evangelischsein verdanken". Das Reformationsjubiläum werde für die Ökumene zusehends zur Bewährungsprobe, auch für Papst Franziskus, schreibt Körtner abschließend: "Als Protestant darf man gespannt sein, ob er diese Bewährungsprobe besteht."

Quelle: epd