Entwicklungspolitik Gerecht aber gering: Fairer Handel in Deutschland wächst

"Faire Kiste" mit fair gehandelte Produkte

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06.08.2014 · Berlin. Einkaufen mit einem guten, sozialen Gewissen - das tun tendenziell auch die Deutschen gerne. Für fair gehandelte Produkte gab jeder Bundesbürger zuletzt dennoch durchschnittlich nur magere zehn Euro pro Jahr aus. 

Kaffee, Schokolade, Bananen oder Blumen: Die Deutschen wollen gerne mit sozialem Gewissen einkaufen und greifen deshalb gelegentlich zu Produkten aus fairem Handel. 2013 gaben sie dafür 784 Millionen Euro dafür aus, 21 Prozent mehr als im Vorjahr, sagte der Geschäftsführer des Forums Fairer Handel, Manuel Blendin, am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung von Zahlen zum Geschäftsjahr 2013. Vergleichszahlen zum Anteil fairer Produkte am Gesamtabsatz aller Konsumgüter in Deutschland gab es jedoch nicht.

In den vergangenen vier Jahren habe sich der Absatz mit fair gehandelten Produkten verdoppelt, hieß es weiter. Inzwischen kaufe fast jeder zweite Deutsche fair gehandelte Produkte, sagte Blendin. Dennoch gebe jeder Bundesbürger dafür im Schnitt nur zehn Euro pro Jahr aus. Kaffee, Kakao oder Schokolade, Kunstgewerbe, Südfrüchte und Blumen zählten nach wie vor zu den beliebtesten Produkten aus fairem Handel. So mache der Absatz von fair gehandeltem Kaffee knapp 36 Prozent am Gesamtabsatz des fairen Handels in Deutschland aus.

Als Grund für das anhaltende Wachstum nannte Blendin das Vertrauen der Verbraucher in den fairen Handel. Immer mehr Menschen sei bewusst, dass der Konsum jedes Einzelnen Auswirkungen auf globale Lieferketten habe, betonte der Geschäftsführer. Hinzu komme, dass fair gehandelte Produkte zunehmend leichter erhältlich seien. So böten immer mehr konventionelle Supermarktketten Produkte aus fairem Handel an.

In der Gastronomie habe es in dem Marktsegment allein von 2012 zu 2013 ein Wachstum von 40 Prozent gegeben. Auch beim Online-Handel habe sich der Absatz fair gehandelter Produkte 2013 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Mit einem Anteil von 42 Prozent am Absatz blieben die sogenannten Weltläden, die unter anderem von Kirchengemeinden getragen werden, der bedeutendste Vertriebsweg für den fairen Handel.

Scharfe Kritik übte Blendin zugleich am geplanten Freihandelsabkommen TTIP, das derzeit zwischen den USA und der EU verhandelt wird. Ziel des fairen Handels sei die Schaffung menschenwürdiger Lebens- und Arbeitsbedingungen bei den Erzeugern in Asien, Lateinamerika und Afrika. "Genau dieses Ziel droht durch das Freihandelsabkommen TTIP torpediert zu werden", sagte Blendin.

Zu befürchten sei, dass durch das Abkommen die Handelsbeziehungen zu den Ländern des Südens durch neue Hürden erschwert werden und Kleinproduzenten stärker unter wirtschaftlichen Druck geraten. Er forderte, die betroffenen Länder an den Verhandlungen zum Handelsabkommen zu beteiligen.

Auch Jürgen Maier, Geschäftsführer des Forums Umwelt und Entwicklung, kritisierte eine "aggressive Deregulierungs- und Marktöffnungspolitik", die mit TTIP fortgesetzt werde. Die bedingungslose Marktöfffnung könne verheerende Auswirkungen auf kleinbäuerliche Strukturen in Entwicklungsländern haben. Der Konkurrenzdruck zwischen fair und konventionell gehandelten Produkten werde sich verschärfen, sagte Maier.

Ein weiteres Problem für den fairen Handel sei der Klimawandel, hieß es. "Kleinproduzenten im globalen Süden bekommen die Auswirkungen von Temperatur- und Niederschlagsschwankungen viel stärker zu spüren als im globalen Norden", sagte Blendin. Kakao etwa sei besonders anfällig für die Auswirkungen des Klimawandels. Und schwache Ernten würden die Existenz von Kleinbauern in den betreffenden Ländern gefährden. Hier stehe jeder einzelne Verbraucher in der Verantwortung, den Klimawandel nicht mit seinem Konsum zu verschärfen, betonte Blendin.

Quelle: epd