"Geschlechterfragen sind Zukunftsfragen" Evangelische Kirche eröffnet Studienzentrum für Genderfragen

08.04.2014 · Hannover.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat am Montag ein neues Studienzentrum für Genderfragen in Kirche und Theologie in Hannover eröffnet. Es führt die Arbeit des EKD-Frauenstudien- und Bildungszentrums mit veränderten Arbeitsschwerpunkten fort. "Verkrustungen einer jahrtausendealten Männertheologie und Männerkirche wurden - Gott sei Dank - in den letzten 40 Jahren von Frauen schon aufgebrochen", sagte der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider. Konservative Protestanten kritisierten das Zentrum.

EKD-Chef Schneider betonte, es bleibe eine herausragende Aufgabe der Kirche, die biblische Vision von einer "geschlechtergerechten Einheit in Christus" weiter mit konkretem Leben zu füllen. Zur Auftaktveranstaltung des Zentrums kamen rund 100 Gäste zu einem "Festmahl" in die hannoversche Marktkirche.

280.000 Euro pro Jahr für Forschung zur Geschlechtergerechtigkeit

Das Frauenstudien- und Bildungszentrum der EKD war 1994 im hessischen Gelnhausen errichtet worden. Der Aufbau des Zentrums wurde schon damals von massiver Kritik evangelikaler Organisationen begleitet. Später wurde der Arbeitsbereich in das Comenius-Institut integriert, 2008 bezog das Zentrum neue Räume im nordhessischen Hofgeismar. Das neue Studienzentrum mit zwei Studienleiterinnen sowie zwei halben Stellen im Sekretariat und für Kommunikation ist im Haus des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD in Hannover angesiedelt. Die EKD stellt dafür rund 280.000 Euro pro Jahr bereit.

Das Zentrum soll Forschungen zur Geschlechtergerechtigkeit aus verschiedenen Fachgebieten, vor allem aus der Theologie und den Sozialwissenschaften, auswerten und für die kirchliche Arbeit aufbereiten. Inhaltlich gehe es neben feministischen Perspektiven unter anderem um Rassismus-Fragen und um interreligiöse Aspekte, sagte Studienleiterin Claudia Janssen. Studienleiterin Simone Mantei, kündigte für den Herbst den ersten Atlas zur Gleichstellung in der evangelischen Kirche an.

Hamburger Pastor übt Kritik

Die konservative Konferenz Bekennender Gemeinschaften erklärte, sie sehe in dem Zentrum eine "bibel- und bekenntniswidrige Abkehr von der guten Schöpfungsordnung Gottes und dem christlichen Menschenbild". Die Konsequenz sei eine Abkehr von Ehe und Familie als Leitbild christlicher Lebensform, sagte ihr Vorsitzender, der Hamburger Ruhestandspastor Ulrich Rüß. Die "Ideologie des Genderismus" leugne, dass Gott den Menschen als Mann oder Frau geschaffen habe.

Die Präses der EKD-Synode, Irmgard Schwaetzer, verwies in einer Tischrede während des "Festmahls", auf die vielfältigen Erfolge in den Fragen der Geschlechtergerechtigkeit. "Ein noch unerfülltes Ziel bleibt indes die ausgewogene Repräsentanz beider Geschlechter in Leitungspositionen von Kirche und Diakonie", sagte sie. Um für Frauen und Männer mit modernen Lebensentwürfen attraktiv zu sein, müssten auch die Strukturen der Leitungsämter verändert werden.

Quelle: epd