Margot Käßmann: Luther wurde eigenen Ansprüchen an Toleranz nicht gerecht

18.10.2013 · Berlin.

Der Kirchenreformator Martin Luther (1483-1546) ist nach Einschätzung der evangelischen Reformationsbotschafterin Margot Käßmann seinen eigenen Ansprüchen beim Thema Toleranz nicht gerecht geworden. "Da ist die Verfolgung von Andersdenkenden, obwohl Luther doch sagte, in Fragen des Glaubens und Gewissens sei jedermann frei", sagte Käßmann der Berliner Wochenzeitung "Die Kirche".

Die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) verwies auch auf einen "erschreckenden Antijudaismus" Luthers, die Absage an die Freiheitsbewegungen der Bauern und die innerreformatorische Spaltung. "Insofern können wir sagen, dass Luther hier seinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht wurde", sagte Käßmann.

Aus diesen Schattenseiten der Reformation könne man lernen, "dass Differenz, Vielfalt, Verschiedenheit keine Angst machen muss", betonte Käßmann. Die Begegnungen mit anderen Glaubensüberzeugungen und Meinungen könnten eine Bereicherung sein. Jede Kirche sei "Zeugin der Wahrheit, keine aber im Besitz der Wahrheit", sagte die Theologin. "Das ist als Erkenntnis die Grundlage von Ökumene", ergänzte die frühere hannoversche Bischöfin.

Quelle: epd