Eine Geschichte mit Höhen und Tiefen Weihnachts-Altargemälde aus Pantlitz: Eine immer wieder neue Geburt

Von Christine Senkbeil

„Die Anbetung der Hirten“ heißt dieses eindrucksvolle Meisterwerk des holländischen Barockmalers Gerrit van Honthorst (1592 bis 1656). 1869 für die neu erbaute Dorfkirche Pantlitz gestiftet, kam es 2004 ins Pommersche Landesmuseum Greifswald.

© Pommersches Landesmuseum Greifswald

22.12.2013 · Greifswald. Sein wahrer Wert wurde erst 2004 entdeckt: das Meisterwerk „Die Anbetung der Hirten“ aus der Pantlitzer Dorfkirche. Mit Füßen getreten und Bügeleisen bearbeitet: dem Weihnachtsbild wurde übel mitgespielt. Heute hängt es sicher im Pommerschen Landesmuseum Greifswald. Doch auch seiner Kopie blieb Ungemach nicht erspart.

Es war Weihnachten 2004, als die Kirchenzeitung von einem ganz besonderen Altargemälde berichtete, das im vorpommerschen Pantlitz als ‚unbekanntes Meisterwerk’ identifiziert wurde.

„Die Anbetung der Hirten“ – so der Titel des Bildes. Und der Maler war Gerrit van Honthorst (1592 bis 1656). Die wissenschaftliche Arbeit der in Italien lebenden Kunsthistorikerin Ricarda Gutsch hatte diese Erkenntnis gerade hervorgebracht, nachdem das Gemälde jahrelang den Unbilden der Zeit ausgesetzt war. Honthorst in Pantlitz. Ein großer niederländischer Barockmaler, der mit seinen sogenannten Nachtbildern selbst Zeitgenossen wie Peter Paul Rubens beeinflusste. Seine „Anbetungen im Stall“ hängen heute in den Uffizien in Florenz und dem Kölner Wallraf-Richartz-Museum.

Und im Pommerschen Landesmuseum (PLM) in Greifswald. Eben seit 2005. Die Gemeinde übergab das Bild damals der Ausstellung. „Das Gemälde wird auf über eine Million Euro geschätzt“, sagt der heute in Pantlitz tätige Pastor Christhart Wehring. „Die Sicherheitsvorkehrungen in Pantlitz entsprechen ja nicht dem Wert des Bildes. Im Landesmuseum konnte es klimatisiert und fachgerecht versorgt werden. Allen ist bewusst, dass dies die beste Lösung ist.“

Und Rettung war geboten! Denn nicht nur das Bild, auch die Kirche selbst blicken auf eine spektakuläre Geschichte zurück. In den endsechziger Jahren sollte die Kirche in Pantlitz gesprengt werden. „Die Einrichtung verstreute sich in alle Winde, die Orgel kam in die Nähe von Güstrow, das Gestühl schwirrt bis heute irgendwo umher“, sagt Wehring. „Das Bild hat eine Menge durchgemacht“, hatte der damalige Landesrestaurator Frank Hösel der Kirchenzeitung erzählt. Er verwies damals auf einen 75 Zentimeter langen Riss, der auf einen Einbruch Jugendlicher in die Abrisskirche zurückging. Auch über sicher gut gemeinte, aber schlimm ausgeführte Restaurierungen klagte Hösel 2004. So war man dem Werk in rauer Vorzeit mit Bügeleisen zu Leibe gerückt, als es Blasen schlug – weil es nämlich das Kleben auf eine Hartfaserplatte nicht hinnehmen wollte.

„Eine Kirche sprenge ich nicht!“

„Die Anbetung“ ging in den 70ern auf Reisen, kam nach Kirch-Baggendorf und Zarnekow. Die Kirche in Pantlitz aber blieb stehen. „Die Legende sagt: Weil das Sprengkommando den Ort „Pantlitz“ mit „Pantelitz“ bei Stralsund verwechselt und dort keine Kirche vorgefunden hat“, erzählt Christhart Wehring. Wahrscheinlich sei es aber der beherzten Aktion des Sprengmeisters zu verdanken, der gesagt haben soll: „Eine Kirche sprenge ich nicht!“

Das Bild kam jedenfalls zurück an seinen alten Platz über dem Pantlitzer Altar. Erst 2004 wurde durch das Abnehmen des historischen Bilderrahmens deutlich, wie wertvoll es ist. Der heute in der Schweiz tätige Pastor von Pantlitz, Klaus-Christian Hirte, leierte die wissenschaftliche Untersuchung an, die der Entdeckung schließlich seinen luxuriösen Platz im Pommerschen Landesmuseum einbrachte. „Es hängt natürlich an prominenter Stelle und ist eines unser wichtigsten Bilder“, sagt Kunsthistorikerin Dr. Birte Frenssen vom PLM heute.

Dennoch. Traurig war die Gemeinde schon – vor allem am Heilig Abend. Denn dieses innige Weihnachtsbild rührt die Herzen an: Wie Maria sich über das Jesuskind beugt und Joseph und die Hirten vom Licht dieses Kinders erhellt werden. „Auch die Gemeinden in Kirch-Baggendorf und Zarnekow wollten es kaum wieder hergeben, so sehr ist es ihnen in dieser Zeit ans Herz gewachsen“, unterstreicht Wehring.

Eine Entschädigung erhielten die Pantlitzer. Der Rostocker Restaurator Georg von Knorre fertigte eine Kopie des Bildes an. „Diese Kopie hing leider nie wirklich günstig in der Kirche, da Vögel und Feuchtigkeit erst langsam mit der Sanierung der Chorfenster gebannt werden konnten“, sagt Pastor Wehring. Ein Taubenskelett fand man im Frühjahr hinter dem Bild. Tatsächlich hatte die Kopie nach fünf Jahren schon so sehr gelitten, dass sie einer eigenen Restaurierung bedurfte. „Dem Restaurator trieb es beinahe die Tränen in die Augen.“

Nun liegt die Anbetung des Herrn also wieder in seiner Werkstatt. Zu Ostern, so ist es geplant, wird das Weihnachtsbild seine Auferstehung erleben. Ein Weihnachtsgeschenk an die Gemeinde, das der Verlag Andere Zeiten und viele Spender ermöglicht haben.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 51-52/2013