Presseinformation vom 18. November 2010Mecklenburgische Landessynode setzt sich für Flüchtlinge ein

18.11.2011 | Plau (cme). Mit großer Mehrheit beschloss die mecklenburgische Landessynode heute (18. November 2011) zwei Anträge zum Bleiberecht und für ein Neuansiedlungsprogramms für Flüchtlinge. Die Beschlüsse im Wortlaut:

 

Beschluss zum Bleiberecht und zur Abschaffung von Kettenduldung

 

Der Bundestag hat in den letzten Jahren neue gesetzliche Regelungen im Aufenthaltsrecht geschaffen. Mit § 25 a Aufenthaltsgesetz wurde eine neue stichtagsfreie Regelung in das Aufenthaltsgesetz aufgenommen, die geduldeten, integrierten Jugendlichen und Heranwachsenden unter bestimmten Voraussetzungen die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ermöglicht, und ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht auch für ihre Geschwister und Eltern vorsieht, wenn der Lebensunterhalt gesichert ist.

 

Auch die Innenminister der Länder haben auf ihrer Ständigen Konferenz (IMK) verschiedene Beschlüsse zum Bleiberecht gefasst, die eine Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an Geduldete ermöglichten. Auf ihrer Sitzung im Dezember 2009 beschloss die IMK die Verlängerung der gesetzlichen Bleiberechtsregelung und eine Absenkung der Anforderungen an die Lebensunterhaltssicherung. Damit wurde Menschen eine neue Lebensperspektive in Deutschland eröffnet.

 

Die Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs begrüßt es, wenn Menschen nach vielen Jahren der Unsicherheit einen Aufenthaltstitel erhalten konnten.

 

Zugleich bedauert die Landessynode, dass all diese Regelungen aufgrund ihrer Ausgestaltungen nur eine begrenzte Wirkung entfalten konnten. Noch immer werden Menschen auch nach langjährigem Aufenthalt in Deutschland lediglich Duldungen erteilt. Was sie aber benötigen ist Rechtssicherheit. Die Landessynode bittet den Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern, sich für die Abschaffung von Kettenduldungen einzusetzen.

 

Am 31. Dezember 2011 läuft der Bleiberechtsbeschluss der IMK vom Dezember 2009 aus. Inhaberinnen und Inhabern von Aufenthaltserlaubnissen, die zu wenig verdienen, um die hohen Anforderungen der Lebensunterhaltssicherung zu erfüllen oder die nicht voll arbeiten können, weil sie gesundheitlich beeinträchtigt sind oder aber kleine Kinder oder pflegebedürftige Angehörige versorgen müssen, werden ihre Aufenthaltserlaubnis verlieren und erneut lediglich eine Duldung erhalten. Sie müssen daraufhin erneut eine Abschiebung in ihr Herkunftsland befürchten.

 

Die Landessynode bittet deshalb den Innenminister des Landes Mecklenburg Vorpommern, für diejenigen Menschen, die nach Auslaufen des IMK-Beschlusses am 31. Dezember 2011 voraussichtlich ihre Aufenthaltserlaubnis verlieren werden, großzügige Einzelfalllösungen nach dem bestehenden Aufenthaltsrecht zu finden. Darüber hinaus bittet die Landessynode den Innenminister und die Landesregierung, sich in der IMK und in der Bundespolitik dafür einzusetzen, eine gesetzliche Regelung ohne festen Stichtag in das Aufenthaltsrecht zu übernehmen, die es Geduldeten unter bestimmten Voraussetzungen fortlaufend ermöglicht, einen regulären Aufenthaltsstatus zu erhalten. Dabei ist es wichtig, realistische Anforderungen zu stellen, Ausschlussgründe nicht zu restriktiv zu formulieren und Ausnahmeregelungen für Menschen aufzunehmen, die unverschuldet die Anforderungen der Lebensunterhaltssicherung nicht oder nicht vollständig erfüllen können.

 

Beschluss zur Einrichtung eines festen Neuansiedlungsprogramms für Flüchtlinge

In Bindung an die Heilige Schrift ist und bleibt die Parteinahme für Flüchtlinge eine besondere Verpflichtung für Christenmenschen und Kirchen.

 

Weltweit leben Flüchtlinge seit Jahren in Lagern, ohne Perspektive auf Rückkehr oder Integration vor Ort oder befinden sich in einer akuten Notsituation:

• So ist beispielsweise die Sicherheitslage in Syrien weiter besorgniserregend. Das gewaltsame Vorgehen des Assad-Regimes gegen die eigene Bevölkerung verschlechtert die bereits prekäre Lage der irakischen Flüchtlinge im Land. Betroffen sind insbesondere diejenigen, die trotz der akuten Bedrohung nicht in den Irak zurückkehren können, weil sie dort besonders verfolgt sind. Zu dieser Gruppe gehören Angehörige der religiösen Minderheiten wie Christen, Yeziden und Mandäer, aber auch alleinstehende Mütter und Ehepartner aus gemischt sunnitisch-shiitischen Ehen.

• In einer dramatischen Lage befinden sich auch die vom Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) registrierten Flüchtlinge aus dem Sudan, Somalia, Eritrea und anderen Sub-Sahara Konfliktstaaten, die sich vor Ausbruch der kriegerischen Auseinandersetzungen in Libyen aufgehalten haben und nun ins Grenzgebiet zu Tunesien bzw. Ägypten geflohen sind. In Libyen sind sie an Leib und Leben bedroht, da sie aufgrund ihrer Hautfarbe oftmals verdächtigt werden, als Söldner für das Ghaddafi-Regime gearbeitet zu haben. Sie eben nun unter menschenunwürdigen Bedingungen in Flüchtlingslagern.

• Ebenfalls ungelöst, ist das Problem der Flüchtlinge in der Türkei, die z.B. aus dem Iran, dem Irak oder Afghanistan geflohen sind. Sie werden in der Türkei vielfach nicht als Flüchtlinge anerkannt, da die Genfer Flüchtlingskonvention dort nur eingeschränkt gilt. Ihre einzige Zukunftsperspektive besteht darin, über UNHCR im Rahmen eines Neuansiedlungsprogramms in einem anderen Staat Aufnahme zu finden.

 

Angesichts dieser bedrückenden Flüchtlingssituation kann die Neuansiedlung von Flüchtlingen (Resettlement) dazu beitragen, die Not der Schutzsuchenden zu lindern und eine verfestigte Flüchtlingssituation zu entspannen.

 

Die Landessynode tritt dafür ein, in Deutschland ein festes Programm zur Aufnahme von Flüchtlingen (Resettlement-Programm) einzurichten. Im Rahmen eines solchen Resettlement- Programms soll jedes Jahr eine bestimmte Anzahl von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen, die in dem Staat, in den sie geflohen sind, keine sichere Aufnahme oder menschenwürdige Existenz gefunden haben, in Deutschland dauerhafte Aufnahme finden.

 

Die Landesynode bittet den Rat der EKD, sich gegenüber der Bundesregierung für die Einrichtung

eines festen Resettlement-Programms einzusetzen.

 

Die Landesynode bittet die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern, sich auf Bundesebene für die Einrichtung eines solchen Programms nachhaltig einzusetzen und ihre Bereitschaft zur Mitwirkung an einem solchen Programm zu erklären. Die Landesynode bittet Gemeinden und diakonische Einrichtungen, die Aufnahme und Integration der Flüchtlinge aktiv vor Ort zu unterstützen.