Bischof Jeremias bei Andacht zu 75 Jahren Grundgesetz Grundrechte sind Freiheitsrechte

Bischof Jeremias mit den Erstklässlern der Martinschule.

Foto: A. Klinkhardt

23.05.2024 · Greifswald. Der Gedanke der Freiheit verbindet die Grundrechte und den christlichen Glauben. Das sagte Bischof Tilman Jeremias bei einer Andacht in der Greifswalder Jacobikirche aus Anlass von 75 Jahren Grundgesetz. Eingeladen hatte das Greifswalder Bündnis für Demokratie. Den Gottesdienst gestalteten außerdem Pastor Michael Mahlburg, Thorid Garbe als Vertreterin von „Kirche stärkt Demokratie“ und Schülerinnen und Schüler der ersten Klasse des Evangelischen Schulzentrums Martinschule.

„Das Grundgesetz ist ein großer Schatz, den es gut zu hüten gilt. Insbesondere die Grundrechte sind Freiheitsrechte“, sagte der Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der Nordkirche. Im christlichen Freiheitsbegriff sieht er eine Verankerung dieser Grundrechte: „Der Apostel Paulus schreibt im Galaterbrief: ‚Zur Freiheit hat uns Christus befreit‘, und Martin Luther sieht mit der ‚Freiheit eines Christenmenschen‘ das ganze Evangelium zusammengefasst.“

 

Bunt geschminkte Schülerinnen und Schüler der Martinschule führten das Singspiel „Im Land der Blaukarierten“ von Klaus Hoffmann auf. Dort machen die Menschen eine Entwicklung durch von „Der passt zu uns doch nicht! Er soll von hier verschwinden, der grüngestreifte Wicht!“ zu „Willkommen hier im Land! Hier kannst du mit uns leben, wir reichen dir die Hand!“

 

Deshalb feiern wir den Geburtstag des Grundgesetzes

 

Leonore Bildat, die Klassenlehrerin, erzählt: „Ich habe einen Schüler mit einer afghanischen Mutter, der eine etwas dunklere Hautfarbe hat als die meisten hier. Er wurde ganz oft darauf angesprochen. Ich habe mich gefragt, wie ich dem Kind den Rücken stärken kann, so dass er gerne zur Schule geht.“ Dabei sei ihr das Lied von Klaus Hoffmann eingefallen. „Dann haben wir das geübt und darüber gesprochen, wie Hautfarben überhaupt zustande kommen, welche Funktion das Melanin hat.“

 

Sie habe vorher abgewogen, ob man mit Kindern dieses Alters bereits über Rassismus sprechen könne: „Menschen, die von Rassismus betroffen sind, sagen, dass Rassismus Alltag ist auch schon im Kindergarten.“ Als Pädagogin sehe sie es als ihre Aufgabe, das Sprechen darüber zu begleiten: „Die Unterschiede dürfen wahrgenommen werden, sie dürfen auch ausgesprochen werden. Wichtig ist, dass der Gleichheitssatz für jeden Menschen gilt. Deshalb feiern wir ja heute den Geburtstag des Grundgesetzes.“

 

Durch das gemeinsam Singen und Spielen des Liedes habe sich in ihrer Klasse deutlich die Dynamik verändert: „Der Junge, der sich zu Anfang ständig rechtfertigen musste, war plötzlich stolz darauf, wie er aussieht und fand es total cool, zu wissen, warum es unterschiedliche Hautfarben gibt und dass man deutsch sein kann, ohne eine helle Haut zu haben. Das hat ihn befreit.“

Quelle: Bischofskanzlei Greifswald (akl)