Parchimer Propst Dirk Sauermann aus dem Dienst verabschiedet "Dank für hohen Einsatz in ausgleichender und bescheidener Art"

Tilman Jeremias entpflichtete Dirk Sauermann (r.) aus dem Propstamt.

Foto: C. Meyer

11.09.2023 · Parchim/Schwerin. „In deiner ausgleichenden, bescheidenen und geduldigen Art hast du deine Leitungsverantwortung wahrgenommen. Aus tiefem Herzen danke ich dir für deinen hohen Einsatz im Namen der Nordkirche und für alles, was Du damit für unsere Kirche und besonders den Kirchenkreis Mecklenburg getan hast.“ Mit diesen Worten ist der mecklenburgische Propst Dirk Sauermann am gestrigen Sonntag in der St. Georgen-Kirche zu Parchim von MV-Bischof Tilman Jeremias verabschiedet worden. Nach 17 Jahren scheidet er damit auf eigenen Wunsch – vornehmlich aus Rücksicht auf seine Gesundheit – vor dem Ende des Berufungszeitraums aus dem pröpstlichen Leitungsamt. Zukünftig wird der Theologe Vertretungsdienste in der Propstei Wismar übernehmen.

In seiner Predigt zuvor hatte Propst Sauermann seine Mitchristen und seine Kirche dazu aufgerufen, dem „Ruf nach Christus im persönlichen Leben, im Leben der Gemeinden und der Kirche einen gebührenden Platz einzuräumen“. Denn, so der Theologe, die Distanz so vieler Menschen zur Kirche habe mit ihrer nicht mehr wahrgenommenen Glaubwürdigkeit zu tun. Zugleich könne der Ruf nach Christus diese Distanz auch von der anderen Seite her überwinden.

 

Propst Sauermann: Nicht erlernte und erfahrene Dankbarkeit verändert uns

 

In den Mittelpunkt seiner Predigt stellte Dirk Sauermann die Haltung der Dankbarkeit. Er skizzierte, dass in einer „so hoch individualisierten Gesellschaft, die auf der permanenten Selbstermächtigung und Selbstverwirklichung beruht – es dem Einzelnen schwerfällt, eine Adresse für Dank außerhalb seiner selbst“ zu sehen.

 

Danke Dir oder Gott sei Dank! - das verpufft schnell im Vergessen“, formulierte der scheidende Propst und sagte weiter: „Viele Enttäuschungen, manche Unzufriedenheit und wütenden Äußerungen, wie wir sie von Menschen kennen, die nicht bekommen, was sie unbedingt haben wollen, erwachsen aus einer nicht mehr vorhandenen Haltung der Dankbarkeit.“

 

Menschen, die nicht bekämen was ihnen angeblich zustehe, „wenden sich ab auch von denen, die Gesellschaft und Gemeinwesen wohlwollend gestalten. Und jene, die dann viel versprechen und die Ursachen und die Schuldigen ausmachen, haben leichtes Spiel.  Nicht erlernte und erfahrene Dankbarkeit verändert uns, sie isoliert Menschen von sich selbst, von Gott, von anderen. Und umgekehrt stiftet Dankbarkeit immer Kontakt und Beziehung, ist sozusagen Herzensäußerung, die von mir weg auf andere hingerichtet ist“.

 

In der global vernetzten Welt gibt es laut Dirk Sauermann weit verheerende Ansteckungen als das Coronavirus:„Eine davon ist der Populismus, die politische Ideologie und Praxis, die die Ängste unserer Welt missbraucht und die Demokratie bedroht.“ Und das treibe Keile zwischen Menschen, schaffe neue Abgrenzungen und vereitelte solidarisches und gerechtes Leben. „Träume davon werden zum Schweigen gebracht.

 

Vielen ist die Beziehung zu Gott verloren gegangen

 

Den Grund, für die Distanz vieler Menschen zur Kirche und zum christlichen Glauben, sieht der Theologe darüber hinaus darin, dass Viele sagen: „Mit mir ist eigentlich alles in Ordnung! Gott brauche ich nicht. Mir geht es ganz gut. Und wenn ich einmal krank bin, dann helfen mir die Ärzte, die Medizin. Vielen ist die Beziehung zu Gott verloren gegangen, vielleicht nie entstanden oder sie wird bewusst abgelehnt.

 

Und zuweilen gehe es auch denen, die sie bewusst suchen so: Wir haben SEINE Berührung nicht gespürt, lange nicht, nicht mehr. Wie oft kommt auch uns dieser Ruf: „Jesus, lieber Meister, erbarme dich unser“ gerade nicht über die Lippen“, fragte Dirk Sauermann selbstkritisch die Gottesdienstgemeinde in der St. Georgen-Kirche. Dabei, könne Gott einem „in vielfältiger Weise begegnen, das Herz öffnen und es in Christus mit sich verbinden“.

 

Alles verdanke ich Gott

 

Zu bedenken gab Dirk Sauermann, dass Dankbarkeit lernbar sei, „wenn man sich rufen lässt zu Menschen, die anders sind und denken, anders leben und glauben, - kurz um, sich offen hält für Erfahrungen mit dem Fremden. Diese Dankbarkeit ist dann nicht so gemeint wie wir es von Vater und Mutter gelernt haben: „Sag immer schön Danke!“ also dem Dank aus Höflichkeit.

 

„Im Evangelium geht es nicht um Höflichkeit, sondern um den Dank, der aus dem Herzen kommt. Wenn mir plötzlich vor Augen steht: Nichts ist selbstverständlich, dass ich atme, dass ich zu essen habe, dass Menschen da sind, die mich lieben und die ich lieben kann …. Alles verdanke ich Gott.“

 

Bischof Jeremias: Abschied vom Propstamt markiert einen tiefen Einschnitt

 

Bischof Tilman Jeremias skizzierte in seiner Ansprache zur Amtsentpflichtung den Weg von Dirk Sauermann nach: „Im Kirchenkreis hattest du die komplexe Leitung des Kirchenkreisrates zu leisten und warst damit an allen wichtigen Entscheidungen im Kirchenkreis der vergangenen Jahre maßgeblich beteiligt - eine Mammutaufgabe.“ In der Propstei habe er in der letzten Zeit vor allem mit den unbesetzten Pfarrstellen zu kämpfen gehabt. Das habe Kraft und Nerven gekostet. „Dein Abschied vom Propstamt markiert einen tiefen Einschnitt für den Mecklenburgischen Kirchenkreis“, sagte der Bischof und ergänzte an Dirk Sauermann gewandt: „Es ist gut und richtig, wenn du Dankbarkeit am heutigen Tag heftig zu spüren bekommst. Und es ist gut und richtig, dass wir hier in der Kirche vor allem Gott danken für alles, was du in den vergangenen Jahren in unserer Kirche gewirkt hast.“

 

Persönlich, so Tilman Jeremias, sei er Dirk Sauermann besonders dankbar dafür, dass er ein „tief im christlichen Glauben verwurzelter Mensch“ sei und dass immer wieder in geistlichen Gedanken zum Ausdruck bringe. „Wir brauchen in unseren momentanen Krisenzeiten Menschen wie dich, denen die Verkündigung des Evangeliums ein echtes Herzensanliegen ist. Und diese Verkündigung kommt bei dir niemals belehrend daher oder von oben herab, viel eher leise und nachdenklich, fragend und suchend. Und gerade darin ist sie für mich so überzeugend.“

 

Spuren weit über Mecklenburg hinaus hinterlassen

 

Der Bischof unterstrich, dass Propst Sauermann, das Werden der Nordkirche begrüßt und dann aktiv mitgestaltet habe, so dass er weit über die Grenzen Mecklenburgs Spuren hinterlassen habe – beispielsweise beim gemeinsamen Arbeitsrecht oder bei der Aufarbeitung der DDR-Geschichte in der Kirche.

 

Abschließend formulierte Bischof Jeremias: „Wir leben in einem Land und in einer Zeit, in der wir als Kirche einer kleinen Minderheit angehören. Das ändert nichts daran, dass die Präsenz Gottes gerade an Stellen zu entdecken ist, wo man gar nicht damit rechnet. Sein Geist weht durch Mecklenburg. Du, lieber Dirk, bist ein Mensch, der ein feines Sensorium hat für dieses oft unscheinbare göttliche Wirken.“

 

Propst mit ganzer Kraft, Ideenreichtum und Leidenschaft

 

Mehr als 200 Vertreterinnen und Vertreter aus den 47 Kirchengemeinden der Propstei Parchim, aus dem gesamten Kirchenkreis, aus der Kirchenkreissynode Mecklenburg und dem Kirchenkreisrat, aus dem Pommerschen Kirchenkreis und der gesamten Nordkirche, der Stadt Parchim, des Landkreises Ludwigslust-Parchim sowie Freunde und Wegbegleiter waren in die St. Georgen-Kirche zu Parchim gekommen, um sich persönlich für das gute Miteinander mit Dirk Sauermann zu bedanken.

 

„Sie haben mit viel Kraft, der sie auch an gesundheitliche Grenzen geführt hat, all die Aufgaben angenommen, die man an sie herantrug“, sagte für den Kirchenkreisrat die stellvertretende Vorsitzende Bettina von Wahl in ihrem Grußwort und fügte hinzu: „Mit Besonnenheit, großer Geduld und umsichtiger Moderation haben Sie unsere Diskussionen immer auf ein Ergebnis hin ausgerichtet. Man spürte ihre Liebe zur Sache und Ihre Liebe für die Kirche.“

 

Für die Stadt Parchim dankten Stadtpräsidentin Ilka Rohr und Bürgermeister Dirk Flörke dem bisherigen Propst für alles gute Miteinander und sagten: „Der Wandel und die Chancen werden Dirk Sauermann auch weiterhin genug Antrieb geben, um seine Arbeit… fortzusetzen. In der Kreisstadt werden wir ihn in guter Erinnerung behalten als kompetenten Kirchenarbeiter und sympathischen Gesprächspartner.“

Quelle: ELKM (cme)


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