Corona-Pandemie Landesjugendring und Kinderschutzbund fordern Vorrang für Kinderrechte

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20.09.2020 · Schwerin/Rostock. Zum Weltkindertag kritisieren Landesjugendring und Kinderschutzbund MV den unverhältnismäßigen Umgang mit der Corona-Pandemie sowie die katastrophalen Zustände in Moria und fordern das Kindeswohl und die Kinderrechte mehr in den Blick zu nehmen.

Der Weltkindertag wurde 1954 auf der 9. Vollversammlung der Vereinten Nationen ins Leben gerufen. Mit Einrichtung des Weltkindertages sollen unter anderem die Rechte von Kindern und Jugendlichen gestärkt werden. Das Motto des Weltkindertages 2020 lautet „Kinderrechte schaffen Zukunft“. Weil unser Wohlergehen auch vom Wohl der Kinder abhängt (Unicef). Gerade Kinder und junge Menschen waren in den letzten Monaten besonders betroffen von den Einschränkungen des Alltags. Ihr Recht auf Spiel und Bildung, ihr Recht auf Beteiligung und Teilhabe wurde von heute auf morgen beschnitten und für viele Wochen außer Kraft gesetzt.

Den Kinderschutzbund MV erreichten in den letzten Monaten immer wieder Informationen über Maßnahmen, die bei näherer Betrachtung unverhältnismäßig sind und dem Kindeswohl entgegenstehen. Dazu gehört unter anderem die Trennung betroffener Kinder von den übrigen Familienangehörigen während einer angeordneten häuslichen Quarantäne. „Wir fordern die Verantwortungsträger auf, dafür Sorge zu tragen, dass künftig bei allen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie dem Kindeswohl und den Kinderrechten Vorrang eingeräumt wird“, so die Landesvorsitzende des Kinderschutzbundes Angelika Stiemer.

Workshop befasste sich mit Pandemie-Situation

Auf der letzten Vollversammlung des LJRMV am 05. September 2020 haben Haupt- und Ehrenamtliche der Jugendverbandsarbeit in einem Workshop die Auswirkung der Pandemie-Situation auf Kinder- und Jugendliche Revue passieren lassen. Die allermeisten Kinder und Jugendliche waren in den vergangenen Monaten der Pandemie und des Lock-Downs nicht im Blick. Zumindest nicht als Kinder und Jugendliche, sondern nur als Schülerinnen und Schüler, da seitens der Politik nur die Schule im Fokus stand sowie die Versorgung der Schülerinnen und Schüler mit Lerninhalten. An die Belange, Bedürfnisse und Räume, die Kinder und Jugendliche darüber hinaus entwicklungsbedingt notwendigerweise brauchen, wurde nur sukzessive, mit der schrittweisen und teilweise viel zu späten Öffnung für die Angebotsstruktur von Kinder- und Jugendarbeit gedacht.

Die Auswirkungen, die der Lockdown für Kinder und Jugendliche hat, besonders für diejenigen, aus prekären Familien- und Wohnsituationen, ist erst zu einem kleinen Teil sichtbar, längst nicht bearbeitet und werden wir erst noch zu spüren bekommen. Während diejenigen, die ohnehin mit uns als Jugendverband vernetzt sind, durchaus auch während der letzten Monate erreicht wurden, fehlt zu denjenigen, die uns im Rahmen einer offenen Kinder- und Jugendarbeit erreichen, jeglicher Kontakt. Der ist abgebrochen und es ist mühsam, diesen wieder und neben aller Verordnungen und Bestimmungen aufzunehmen. Kinder und Jugendliche brennen darauf, wieder miteinander zu agieren, sich in verschiedenen Aktivitäten auszuprobieren und sich zu begegnen, ob bei der Jugendfeuerwehr, den Pfadfindern, der jungen Gemeinde oder dem Jugendclub. Neben der Schule brauchen sie unbedingt einen Raum, um die Erfahrungen und Erlebnisse der vergangenen Monate zu artikulieren und darüber miteinander und auch mit den Menschen, die ihnen vertraut sind, ins Gespräch zu kommen - denn diesen Raum bekommen sie in der Schule nicht.

"Es ist immanent wichtig, dass den Kindern und Jugendlichen verlässlicher Zugang zu den Angeboten der kommunalen, wie auch der jugendverbandlichen Jugendarbeit gewährt wird und mit dem Blick auf Ressourcen und Finanzen ihnen jetzt und in Zukunft mehr Aufmerksamkeit zukommt", sagt Johannes Beykirch, Vorstandsmitglied im LJRMV und Referent im Evangelischen Kinder- und Jugendwerk Mecklenburg.

Solidarität mit Menschen in Moria

Mit Blick auf die aktuelle Situation und die katastrophalen Zustände in Moria, möchten wir uns deutlich für die Rechte der ca. 4000 Kinder und Jugendliche, die seit dem 9. September hungernd, obdachlos und schutzlos im Freien auf Hilfe warten, stark machen. Diese Kinder haben nach ihrer Flucht zum zweiten Mal alles verloren haben. "In Moria sind Kinder und Jugendliche schutzlos dem Spiel, den Interessen und der Hilflosigkeit der Mächte ausgeliefert. Wir haben Platz. Wir wollen, dass die Menschen in Moria evakuiert werden - sofort. Bei allem Verständnis für die diffizile und komplexe politische Lage, jetzt nicht! Jetzt ist helfen dran!" fordert Dr. Ina Bösefeldt, Vorstandsmitglied des LJRMV und zugleich für Jugendfragen in der Nordkirche tätig.

„Die Zustände im Flüchtlingslager sind eine Schande für die Europäische Union. In Moria wird die medizinische Versorgung ausschließlich durch Hilfsorganisationen geleistet. Kaum ein Kind dort besucht eine Schule. Den Kindern werden ihre verbrieften Rechte auf Gesundheit und Bildung vorenthalten.“ Der Kinderschutzbund erkennt die Bemühungen der Bundesregierung um eine multilaterale Lösung an. „Diese Bemühungen dauern aber bereits mehrere Monate an. Den Kindern dort läuft die Zeit davon. Zahlreiche Kommunen und Bundesländer haben sich bereiterklärt, Geflüchtete von der Insel Lesbos aufzunehmen und ihnen in Deutschland ein zügiges und sicheres Asylverfahren zu gewähren. Wir fordern eine kurzfristige Lösung für die besonders gefährdete Gruppe der Kinder und den willigen Bundesländern und Kommunen die Aufnahme zu erlauben“, lautete bereits im März 2020 eine Forderung des Kinderschutzbundes.

Quelle: LJR/KMV