Holocaust-Gedenktag MV erinnerte an Opfer des NS-Regimes

27.01.2021 · Schwerin.

Mit einer Schweigeminute hat der Schweriner Landtag am heutigen Holocaust-Gedenktag zu Beginn seiner Sitzung der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. In ihrer Rede mahnte Landtagspräsidentin Birgit Hesse (SPD), die Erinnerung an das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte wach zu halten und die im Grundgesetz verankerte Unantastbarbeit der Menschenwürde zu verteidigen. Die Menschenwürde verweise auf den Wert jedes einzelnen Lebens, sagte sie. "Und sie bedeutet, dass dieser Wert nicht staffelbar ist. Alter, Nationalität oder Behinderung etwa können ihm nichts anhaben."

Auch 72 Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes (1949) sei es "für unsere Demokratie und unser Miteinander von grundlegender Bedeutung, dass die im Grundgesetz festgeschriebenen Werte gesellschaftlicher Konsens bleiben, dass wir alle sie mittragen und tagtäglich leben", erklärte Hesse. Gerade die Vertreterinnen und Vertreter der demokratischen Institutionen müssten es schaffen, nicht nur auf ihr Tagesgeschäft zu schauen, sondern auch darauf, wie sich der Alltag der Menschen gestaltet, "was sie bewegt, welche Ängste und Hoffnungen sie haben, wie und wo sie sich informieren, wem sie zuhören, wie sie miteinander umgehen - kurzum: Wir müssen Kontakt halten".

Wenn einzelne Gruppen behaupten, das Grundgesetz habe seine Geltungskraft verloren, dann sei das ein Zeichen dafür, dass es um diesen Kontakt nicht gut bestellt sei, sagte Hesse. Und das könne nicht nur auf Corona geschoben werden. Die zunehmende Polarisierung der Gesellschaft gehe damit einher, dass von den äußeren Rändern das "System" infrage gestellt werde und damit die Demokratie. "Die Corona-Krise hat solche Tendenzen verstärkt und beschleunigt - verursacht hat sie sie nicht." Es müsse gefragt werden, "wie wir diejenigen wieder erreichen können, die von uns nicht mehr erreicht werden wollen". Die Geschichte lehre, "wie sehr es sich lohnt, dass wir die Werte und Errungenschaften eines demokratischen Gemeinwesens herausstellen und die Menschenrechte zur Grundlage unseres Handelns machen".

Auch an anderen Orten in MV wurde an die Opfer des NS-Regimes erinnert. Viele Veranstaltungen fanden wegen der Corona-Pandemie übers Internet statt. Beispielsweise bot die Barlachstadt Güstrow eine virtuelle Lesung an. In Greifswald gedachten Oberbürgermeister Stefan Fassbinder (Grüne) und Universitätsrektorin Johanna Weber in Videobotschaften der NS-Opfer. In Rostock legten Bürgerschaftspräsidentin Regine Lück (Die Linke) und der 1. Stellvertreter des Oberbürgermeisters, Chris Müller-von Wrycz-Rekowski (SPD), am KZ-Ehrenmal am Rosengarten in stillem Gedenken einen Trauerkranz ab. In Stralsund gab es ein ökumenisches Friedensgebet in der Marienkirche.

Bereits am Dienstag (26. Januar) fand in Schwerin in kleinem Rahmen eine Gedenkveranstaltung unter Federführung des Landesverbandes Sozialpsychiatrie MV zu den Opfern von Zwangssterilisation und "Euthanasie" statt. Erstmals widmete sich die Veranstaltung den jüngsten Opfern der "NS-Euthanasie", den Kindern und Jugendlichen mit seelischer, körperlicher und geistiger Beeinträchtigung, wie der Paritätische Wohlfahrtsverband mitteilte. Forschungen zu Folge fielen 1.900 Menschen der Schweriner Anstalt der "NS Euthanasie" zum Opfer, darunter 300 Kinder mit geistigen und körperlichen Behinderungen.

Der 27. Januar ist seit 1996 bundesweiter Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. An diesem Tag wurde 1945 das Konzentrationslager Auschwitz von russischen Truppen befreit.

Quelle: epd