Und sie gingen eilends weg vom Grab

Liebe Küsterinnen und Küster,
es ist die Zeit im Kirchenjahr nach dem Osterfest und vor Himmelfahrt und Pfingsten. Aus der Leere des Grabes am Ostermorgen entsteht neues, von Ostern her geprägtes Leben. In den Kirchen am Ostermorgen hörten wir den Ruf: „Er ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden, Halleluja.“


Doch schauen wir noch einmal zurück. 
Vor dem österlichen Ruf war das leere Grab hinter dem weggewälzten Stein. Diese Leere wäre wohl für die Frauen kaum auszuhalten ohne den Engel, den die Evangelisten sogleich erscheinen lassen, um die Leere des Todes mit einem Schimmer von Hoffnung zu füllen. „Und sie gingen eilends weg vom Grab mit Furcht und großer Freude“, so der Evangelist Matthäus (Kap. 28, 8).
Schauen wir noch einmal zurück, auf die vergangenen zwei Jahre.


Da entstanden viele Leerstellen zwischen den Reihen in unseren Kirchen. Da gab es Reihen, die nicht besetzt werden durften. Zwischen uns beim Gottesdienst gab es Leerstellen, Abstände und frei zu haltende Plätze. Und es gab die vielen Menschen, die nicht in die Gemeinde kamen oder auch kommen konnten, weil sie Ängste hatten, sich anzustecken oder in Quarantäne waren. Sie fehlten, und manche sind noch immer sehr vorsichtig, weil die Ansteckungsgefahr nach wie vor hoch ist.


Leerstellen verändern immer das Ganze. Wo Menschen fehlen, vermissen wir sie und ihre Nähe, ihre Sprache, ihre Zuwendung. 
Schauen wir zurück, dann sehen wir, wie sich auch das Leben und die Landschaft in unserem Kirchenkreis verändert haben. 
Wo etwas weniger wurde, dann verschwunden ist und jetzt fehlt, entsteht allerdings nicht nur Leere, sondern auch Raum, der neu gefüllt werden kann. Das spiegelt sich bspw. in der Rede vom halb vollen oder halb leeren Glas wieder. 


Wir sahen auf Leerstellen: Gottesdienste, die nicht gefeiert werden konnten, nicht nur wegen Corona, Menschen die fehlen, weil sie aus der Kirche ausgetreten sind. Gemeinden, die abnehmen, weil die Menschen alt geworden sind und sterben, Leerstellen, die nicht durch Taufen gefüllt werden können. Musik in den Kirchen, die nicht erklang; Orgeln, die schwiegen; Chöre, die nicht singen konnten.


Und wir nehmen zugleich wahr, dass auch dort, wo es Leerstellen gibt, mit Ideen und Kreativität des Geistes neues Leben  wächst. Räume, im Wortsinn, wurden neu gestaltet, als das alte Mobiliar raus kam. 
Und so manche Räume wurden auch digital geradezu erobert, Plätze vor Kirchen wurden entdeckt als neue Gottesdienstorte, Chorproben im Freien durchgeführt,  Leere wurde gefüllt. 


Trotz allem, es ist sehr viel Leben in unserem Kirchenkreis. Und das ist der Freude wert!
Doch die Fragen bleiben natürlich: Was ist, wie es sich abzeichnet, wenn wieder mehr geht? Werden die Menschen, mit denen wir gearbeitet haben, wiederkommen, in Chorproben, in Konzerte, Gottesdienste und Seniorennachmittage? Lassen sich die Kinder ansprechen? Welche Angebote werden überzeugen?


Da müssen wir zunächst nach dem Warum von entstandener Leere fragen. Die Pandemie hat an manchen Stellen nur sichtbar gemacht, was unter der Oberfläche schon lange gärte. Es bedarf der genauen Analyse und des Fragens danach, ob überhaupt alle Leerstellen neu gefüllt werden können oder gefüllt werden sollen. Muss mancher vertraute Raum auch leer bleiben? Müssen alle vorhandenen Räume bespielt und erhalten werden? Welche Ideen sind da und wie stelle ich mir vor, diese umzusetzen? 
Das ist sicher Teil des Gesprächsraumes, den wir im Gespräch miteinander in den Gemeinden mit den haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hoffentlich gut füllen werden. 


Mich stimmt es zuversichtlich, dass ein junger Gemeindepädagoge und Tischler für das Pilgerkloster in Tempzin und die dazugehörige Kirche einen Leuchter für die Osterkerze gestaltet und dem Kloster übereignet hat. In den Leuchter aus Mooreiche (Doberaner Land) ist das Antoniterkreuz eingearbeitet (hier nicht sichtbar). Die Osterkerze leuchtet auf dunklem, fast schwarzem Untergrund, - wie symbolträchtig. In und mit Christus stehen auch wir auf aus der Leere, dem Dunkel des Todes.


Vielleicht fahren Sie, liebe Küsterinnen und Küster, bei einer ihrer nächsten Begegnungen auch mal nach Tempzin. Dorthin, wo man jetzt das Summen der Bienen, die Fülle der Blütenfarben und die wärmende Sonne erleben kann, als ebenfalls  starke Zeichen, die Leere in uns und um uns neu mit der österlichen Hoffnung zu füllen. 
Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Gestaltung gastfreundlicher Kirchen- und Gemeinderäume und freue mich auf das Wiedersehen mit Ihnen.

 

Ihr D. Sauermann

 

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