Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Mk. 16,6
Wie würden wir uns wohl fühlen, wenn wir zu einem Abschied eines lieben Verstorbenen verabredet wären, uns vor der Abschiedshalle treffen, dann gemeinsam hineingehen, einen leeren Sarg vorfinden und stattdessen einen weiß gekleideten Menschen, der uns anspricht und sagt, der Verstorbene sei nicht hier? Das griechische Wort, das in dieser Geschichte mit Entsetzen wiedergegeben ist, bedeutet „über die Maßen erschreckt werden“. Ich habe kürzlich unfreiwillig eine Frau erschreckt, als ich am Tollensesee den Hang hinunterging, um über den See den Sonnenuntergang zu fotografieren. Eine Frau war schon da, sah und hörte mich nicht kommen, bis ich sie grüßte. Der Schrecken fuhr ihr tief in die Glieder, so unerwartet für sie kam der Gruß, denn sie wähnte sich bis dahin allein. So ein Schrecken hat immer etwas mit Angst zu tun, aber auch mit Erstaunen, mit Unerwartetem und Überraschendem. Das Wort „Entsetzen“ unseres Monatsspruches leitet sich ab von „Entsitzen“ und meint bildlich ein erschütterndes Aufspringen, ein plötzliches Beenden eines sitzenden Zustandes. Angesichts dieser Erfahrung, die die Frauen in der Grabhöhle Jesu machen, kann niemand ruhig bleiben. Für sie stellt sich ein Fluchtreflex ein angesichts dieses Schreckens und Entsetzens. Die von mir erschreckte Frau am See ließ sich schnell beruhigen. Ich entschuldigte mich, dieser Schrecken sei nicht meine Absicht gewesen, und wir haben uns dann nett unterhalten. Der Mann in der Grabhöhle kann auch die entsetzten Frauen zumindest so weit beruhigen, dass sie zuhö-ren, aber offensichtlich nur mit größter Kraftanstrengung. Denn nach den Worten des Mannes „gingen sie hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen.“ Ja, sie können nicht einmal die Botschaft weitergeben, denn so sehr fürchteten sie sich. Es bedarf weiterer Erscheinungen, bis sie ihre Furcht und ihr Entsetzen loswerden und die gute, freudige Botschaft des Auferstanden in die Welt tragen können. Es gibt Dinge, die wir nicht verstehen können, weil sie außerhalb unseres Erfahrungsbereiches liegen. Dass einer von den Toten aufersteht, gehört dazu. Schon als Glaube oder als Hoffnung schwer in unser Leben zu integrieren, als leibhaftige, wirkliche Erfahrung unvorstellbar. So etwas muss einen Menschen zutiefst erschüttern und entsetzen. Und doch ist es genau diese Erfahrung, die das Christentum, die unseren Glauben begründet. Das Unvorstellbare, das für unmöglich Gehaltene ist wahr geworden. Und die Kraft dieser Botschaft ent-zündete sich und verbreitete sich wie ein Lauffeuer im damaligen römischen Reich. Und das Feuer hat lange gebrannt, schon zweitausend Jahre. Manchmal scheint die Flamme nun kleiner zu werden, Menschen lassen sich nicht mehr entsetzen von dieser Botschaft, sie erheben sich nicht mehr, man kann ja schließlich alles mit Hilfe der Wissenschaft erklären. Aber bis heute kann die Wissenschaft nicht hinter das Geheimnis des Todes blicken. Und vielleicht ist es das, was den Menschen heute Angst macht, sie entsetzt, die Ungewissheit vor dem Dunkel des Todes. Hier kann nur die Hoffnung und das Vertrauen beruhigen, die Hoffnung und das Vertrauen darauf, dass der Weg, den Gott mit uns Menschen geht, nicht im Sterben und nicht im Tode zu Ende ist. Das ist die gute Botschaft, das Evangelium!
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