Sakralobjekte„Krönung Mariens“ aus Sadelkow

In den 1870er Jahren schenkte die Adelsfamilie von Ahrenstorff dem gerade gegründeten Neubrandenburger Museumsverein aus der Kirche ihres Gutes Sadelkow ein außergewöhnliches Schnitzbild, das die göttliche Marienkrönung zeigt. Mit dieser Gabe unterstützten sie den Aufbau einer heimatgeschichtlichen Sammlung, die man im Treptower Tor unterbrachte.

 

Das Anfang des 16. Jahrhunderts aus Eichenholz gefertigte Relief von 91 cm Höhe und 72 cm Breite besitzt verschiedentlich Schäden. Deshalb wurde das Sakralkunstwerk 1996 von Restaurator Ekkehard Koch fachmännisch aufgearbeitet. Die nunmehr holzsichtige Skulptur ist ein ausdruckstarkes Beispiel der spätgotischen Bildkunst.

 

Die himmlische Krönung der Gottesmutter war ein zentrales Element der im 12. Jahrhundert einsetzenden Marienverehrung. Das von Frankreich ausgehende Motiv beschließt die Folge der Darstellungen, die dem Tod, der Himmelfahrt und der göttlichen Lobpreisung Marias gewidmet sind. Viele der im römisch-katholischen Glauben tief verwurzelten Bildnisse der Gottesmutter wurden während der Reformationszeit zerstört. Deshalb ist die in Sadelkow erhaltene Marienkrönung ein interessantes Zeugnis der mecklenburgischen Kirchengeschichte. Das von einem geübten Schnitzmeister hergestellte Relief zeigt Maria umringt von Gottvater (rechts) mit der Weltenkugel und Christus (links) mit entblößtem Oberkörper, der das Brustwundmal trägt. Komplettiert wird die Szenerie von zwei Engeln, die zu Füßen der knienden Maria das wallende Gewand würdevoll ausbreiten. Maria verharrt in andächtiger Bethaltung (eine Hand fehlt). Sie trägt ein langes Kleid und einen Umhang. Ihr jugendliches Aussehen, gepaart mit dem auf dem Rücken offen getragenen Haar, weist sie als edle Jungfrau aus, der das Wunder der unbefleckten Empfängnis zuteilwurde. Gottvater und Christus sitzen erhöht auf Himmelsthronen. Sie sind der Situation angemessen als ernst blickende, ältere Majestäten mit Königsbarett sowie gelockter Haar- und Barttracht dargestellt. Dem Krönungsritual folgend, hielten beide eine Krone (fehlt), um sie Maria feierlich auf den Kopf zu setzen. Die rangmäßige Gleichstellung Marias mit den höchsten im Himmel herrschenden Autoritäten beruhte auf ihrer großen sakralen Bedeutung. Des-halb erscheint es nur natürlich, dass man den mythologischen Vorgang nach dem Vorbild der königlichen Inthronisation abbildete.

 

Die Marienkrönung wurde erst im Hochmittelalter von abendländischen Theologen durch Auslegung der Heiligen Schrift begründet. Demnach hatte Maria Anspruch auf die königliche Würde ihres Sohnes: „Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakobs herrschen in Ewigkeit, und seines Königtums wird kein Ende sein“ (Lk 1,32-33). Ferner verglich man Maria sinnbildlich mit „Schwester Braut“ (Hld 4), die Christus in den Himmel rief und sie zur Teilhaberin seiner Herrschaft machte: „Die Königin steht zu deiner Rechten in Gold von Ofir.“ (Ps 45,10) Als ein weiteres Gleichnis diente die Geschichte König Salomos, der seine Mutter Batseba zu seiner Rechten auf dem Thron Platz nehmen ließ (1 Kön 2,19).

 

Heute ist die Marienkrönung, auch „Maria Königin“ genannt, in der römischen Kirche ein gebotener Gedenktag (Feier von Heiligen bzw. Ereignissen in der Heiligen Messe und im Stundengebet), der festlich am 22. August begangen wird.

 

Text: Rainer Szczesiak, Roga

Foto: Ralf Bruse, Regionalmuseum Neubrandenburg

 

Bild: Die vom Regionalmuseum Neubrandenburg im Refektorium des ehemaligen Franziskanerklosters ausgestellte Tafel zierte einst einen Marienaltar. Die fehlenden Teile des Reliefs sowie die Farbfassung gingen bereits in früherer Zeit verloren.

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