SakralobjekteAltartafel „Sankt Georg“, Neubrandenburg

Die Neubrandenburger Bürger errichteten vor dem Treptower Tor kurz nach 1300 eine Kapelle mit angeschlossenem Hospital. Das isoliert gelegene Anwesen war für die Unterbringung kranker Reisender bestimmt, die aus Richtung der Ostseeküste kamen. Durch diese Vorsichtsmaßnahme sollten tödliche Krankheiten, wie die Pest, von der Stadt ferngehalten werden. Zum Schutzpatron für die Kapelle wurde St. Georg erwählt, der im Spätmittelalter einer der populärsten christlichen Nothelfer war. Ihm zu Ehren stellte man in der Kapelle einen Georgs-Altar auf, an dem ein Priester aus dem nahen Prämonstratenserstift Broda seinen Dienst versah.

 

Nach der Reformation verfiel der Altar, von dem erfreulicherweise das farbig gefasste Retabel die Zeit überdauerte. Ende des 19. Jahrhunderts wurde das 78 cm hohe und 61 cm breite Eichenholzrelief dem Neubrandenburger Museum übereignet.

 

Das Bildnis zeigt St. Georg in charakteristischer Gestalt als Drachentöter. Der gewappnete Kämpfer sitzt siegesgewiss auf seinem Pferd, unter dem der niedergestreckte Drache auf dem Boden liegt. Der sonst gewöhnlich mit einer Lanze bewaffnete Georg hält hier ein Schwert in die Höhe. Seine gestreckte, übergroße Figur dominiert die Szenerie. Er schaut auf den Betrachter, bereit, dem schon am Hals blutenden Untier den letzten Schlag zu versetzen. Das Unvermeidliche wird durch das springende Pferd angekündigt. Mit letzter Kraft windet sich der Drachenschwanz um den rechten Hinterlauf des Pferdes. Unterdessen verfolgt von einem Hügel aus eine auf die Knie gefallene betende Frau mit Spannung den Ausgang des epischen Duells. Für sie kämpfte der edle Ritter. Die heidnische Prinzessin sollte dem Drachen geopfert werden, damit dieser ihre Heimat in Kleinasien verschont. Der Sieg Georgs galt als Zeichen Gottes, woraufhin das Volk der Königstochter den christlichen Glauben annahm.

 

Das programmatische Gleichnis, wer Gott vertraut, wird aus der höchsten Not errettet, erfuhr bei den Kreuzzügen im Heiligen Land eine neue Belebung. Großen Anklang fand die Legende vom untadligen, tiefreligiösen Georg bei den Ritterorden. Sie übertrugen die sakralen und karitativen Eigenschaften des Erzengels Michael auf den Drachentöter. Infolge der kirchlichen Erhöhung avancierte St. Georg im 12. Jahrhundert zu den beliebtesten Heiligen des Christentums. In diesem Sinne galt er u. a. als Beschützer für Armenhäuser und Asyle sowie für Ritter, Bauern, Reisende, Reiter und Pferde.

 

Der historische Georg ist nur schwer fassbar. Vermutlich um 280 geboren, absolvierte er als junger Mann eine militärische Laufbahn im römischen Heer. Bei einem Aufenthalt in Rom wurde Georg, der zum Offizier aufgestiegen war, ein Christ. Weil er seinem Glauben nicht abschwören wollte, erlitt er um 303 qualvoll das Martyrium. Bereits im 4. Jh. setzte die Verehrung des Hingerichteten ein. In den meisten christlichen Konfessionen ist der 23. April ein Gedenktag für St. Georg.

 

Rainer Szczesiak, Roga

 

Bild: Das Relief „St. Georg“ ist ein regionales Kunstwerk, das in der stadtgeschichtlichen Ausstellung des Regionalmuseums ausgestellt ist (Foto Gabriele Hahn, Regionalmuseum Neubrandenburg).

 

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