Die Geschichte des Neubrandenburger FranziskanerklostersTeil1: Die Gründung

Im Jahre 1221 überschritt eine kleine Gruppe Franziskaner unter Leitung von Caesar von Speyer die Alpen. Es war der zweite, nun erfolgreiche Versuch des noch jungen Ordens, sich im nördlichen Teil des römisch-deutschen Reiches zu verbreiten. Die Anhänger der Bußbruderschaft folgten dem Vorbild Christi, indem sie arm und demütig durch das Land zogen, den Menschen Gutes taten, so-wie das wahre Wort Gottes verbreiteten. Die Franziskaner waren Mendikanten (lat. Bettler). Sie zählten mit den Dominikanern, Augustiner-Eremiten und Karmeliten zu den wichtigsten Bettelorden, die sich im 13. Jahrhundert während der europäischen Armutsbewegung gebildet hatten.

 

In Deutschland fanden die Minderbrüder vom „Ordo fratrum minorum“ eine weite Verbreitung. Die zügige Ansiedlung der Franziskaner in den aufstrebenden Städten wurde erheblich durch ihre Eigenständigkeit begünstigt. Der Orden des heiligen Franziskus (Bild) unterstand direkt dem Papst und musste somit keine Rücksicht auf die vor Ort befindlichen Kirchenvertreter (Bischof, Pfarrer und monastische Orden) nehmen. Weiterhin genossen die Franziskaner großes Ansehen beim Hochadel, der in seinen Besitzungen den Minderbrüdern die Stadttore öffnete. Die Konvente sollten den Bürgern karitative und kirchliche Dienste leisten. Die frühsten Franziskanerklöster auf mecklenburgischen Boden entstanden in Schwerin (1232/36), Rostock (vor 1243), Parchim (vor 1246) und Wismar (1251/52).

 

Die Klostergründungen im nordostdeutschen Raum erfolgten unweit der herrschaftlichen Höfe, dies widerspiegelt die große religiöse, aber auch politische Nähe der Minderbrüder zu den Landesherren. Ein Beziehungsgeflecht, das sich speziell in Neubrandenburg nachweisen lässt. Die 1248 gegründete Stadt Neubrandenburg lag im nördlichen Machtbereich der Markgrafen von Brandenburg. Bei der Teilung der Mark 1258 zwischen den Brüdern Johann und Otto erhielt der Letztgenannte das Land Stargard und damit auch Neubrandenburg übereignet. Otto baute Neubrandenburg neben der Landesburg Stargard relativ schnell zu einem städtischen Herrschaftssitz aus. Im Zuge dieser Entwicklung plante er für die geistliche Versorgung der Bürger und zu seinem eigenen Seelenheil unweit seines Hofes im nördlichen Stadtbogen die Gründung eines Franziskanerkonventes. Da die hier befindlichen Baustrukturen flächenmäßig die Errichtung einer gesonderten Klosteranlage nicht zuließen, wurde um 1260 die Hofanlage großräumig umgestaltet.

 

Der Bauplatz war schon zur späten Slawenzeit um 1200 besiedelt. In dieser Tradition hatte man um 1250 am nördlichen Ende der heutigen Stargarder Straße einen markgräflichen Hof angelegt. Dieser bestand aus einem massiven Feldsteingebäude (Standort Nordostbereich des Klosterhofes), einem Fachwerkgebäude (Standort Ostteil der Nordflügels) und einem weiteren Gebäude (Standort Ecke Ring–Stargarder Straße). Vermutlich erstreckte sich die Hofanlage bis auf die östliche Seite der Zuwegung (heutiger Parkplatz).

 

Mit dem Ausbau Neubrandenburgs zur markgräflichen Residenz wurden die westlich der Stargarder Straße befindlichen Bauwerke abgebrochen, um für die neue Planung den nötigen Platz zu schaffen. Die dabei gewonnenen Abbruchmaterialien nutze man für den Bau einer zeitgemäßen Hofanlage mit angeschlossenem Kloster.

 

Rainer Szczesiak, Roga

 

Bild: Heiliger Franziskus von Assisi, Wandmalerei 13. Jh.

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