Die Geschichte des Neubrandenburger FranziskanerklostersTeil 6: Die Armenhauszeit, 16./17. Jh.

Nach der Aufhebung des Franziskanerklosters Mitte des 16. Jh. bemühte sich die Kommune, die sakralen, baulichen und finanziellen Hinterlassenschaften zügig in die städtische Verantwortung zu überführen. In Kongruenz zu den Landesherren galt es, Pfründe zu sichern sowie die vormalige Kranken- und Armenfürsorge der Franziskaner und der mit ihnen verbundenen Beginen zu kompensieren. Relativ schnell hatte man die Trennung zwischen Kloster und Kirche vollzogen. Die St. Johanniskirche diente den Bürgern als evangelisches Gotteshaus. Aufgrund des städtischen Patronats (Schirmherrschaft) nutzten die Bürger den sakralen Ort für Gottesdienste und als Bestattungsraum. Heute zeugen davon noch die 1588 von der Stadtobrigkeit beauftragte und ein Jahr später gewidmete Renaissance-Kanzel, sowie der Grabstein des 1569 verstorbenen Bürgermeisters Nikolaus Jungehorn. Begüterte Bürger und deren Familienangehörige konnten um 1570 für zehn Gulden Grabstellen in der Kirche kaufen. Offenbar besaßen die Bürgermeister das Privileg, hier Bestattungsplätze kostenlos zu belegen. Im 17. Jh. erlitt die Johanniskirche durch Brände und Kriegswirren erhebliche Schäden. Nach dem Stadtbrand von 1614 trennte man das Kirchenschiff durch eine Mauer vom Chor, der erst 1803 zu einem Kornspeicher hergerichtet wurde.

 

Das ehemalige Kloster durchlebte ebenfalls eine wechselhafte Zeit. Noch in den 1570er Jahren lagen die Gebäudeflügel wüst. In einem Bericht an die Herzöge wird mitgeteilt, dass „das … Kloster uff undertheniges bitten Jachim Rieben und anderer … zu einem Hospitall oder Behausung armer Krancker unvermugener Leutht, die sich mit jhrer Hende Arbeit nicht ernehren können, zugericht und erbauet werde, … wier befinden aber das noch zur Zeit, undt bis uff heutigenn Tagk, … weniger als nichts daran gebessert noch gebauet, …“

 

Anscheinend hat man noch vor 1600 mit Hilfe der Spenden und unter Zuhilfenahme des verkauften klösterlichen Inventars das Armenhaus eingerichtet. Zu diesem Zeitpunkt standen der Nordflügel, der Ostflügel und wohl noch Teile des Westflügels. Alle Gebäude brannten 1614 größtenteils nieder; dabei verfielen der Westflügel und der südliche Teil des Ostflügels. Vom Nordflügel war der Dachstuhl in Flammen aufgegangen; er wurde um 1630 neu aufgerichtet.

 

Eine weitere Katastrophe erlebten die alten Klostergebäude im Dreißigjährigen Krieg. Als 1631 die Stadt durch die kaiserlichen Truppen unter Feldherrn Tilly eingenommen wurde, wütete die marodierende Soldateska auch im Armenhaus. Sie verspeisten die Vorräte und warfen deren Reste (Knochen, Fischgräten und Tongeschirr) achtlos umher. Die Barschaft (Bild) des Armenhauses lag derweil versteckt im Obergeschoss des Refektoriums. Weil der „Schatz“ nicht wieder gehoben wurde, ist davon auszugehen, dass die Verwalter das Martyrium nicht überlebten. Bei den Tumulten ging ein französischer Orden im Nordteil des Ostflügels verloren. Dieser Bauabschnitt hat die Stürme des großen Krieges nicht überstanden. Infolge der extremen Zustände brach für die überlebende Bürgerschaft und somit auch für das Armenhaus eine harte Zeit an.

 

Rainer Szczesiak, Roga

 

Bild: 2000 wurden im Obergeschoss des Refektoriums 103 Silbermünzen geborgen. Es handelt sich um „Kleingeld“, das als Almosen den Armen gespendet wurde. Die Münzen lagen in einem Stoffbeutel unter dem Backsteinfußboden.

 

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