Gedanken zum 1. Advent Die (Vor)Freude ist der Doktorhut des Glaubens

Advents-Andacht von Christian Meyer, Theologe und Pressesprecher

Foto: Privat

30.11.2025 · Rostock. Advent und Weihnachten – das ist seit mehr als 2000 Jahren eine Zeit der Freude, der Hoffnung und des Wartens. Und warten kann man ja auf sehr unterschiedliche Weise: ungeduldig, gespannt, gelangweilt oder resigniert. Ein Blick auf einen Bahnhof genügt, um das zu sehen. Genau das habe ich kürzlich getan, als ich am frühen Morgen auf dem Weg nach Rostock war – oder besser: es versuchte.

Die Durchsage kam wie so oft: „Aufgrund von Störungen im Betriebsablauf verspätet sich der Regionalexpress auf unbestimmte Zeit. Bitte beachten Sie die weiteren Durchsagen.“ Alle hören dieselben Worte, alle haben die gleiche Ausgangslage – und doch reagieren die Menschen ganz verschieden: Die einen laufen nervös auf dem Bahnsteig auf und ab. Eine kleine Gruppe holt sich einen Coffee to go und greift zum Handy, um Bescheid zu geben. Wieder andere schimpfen lautstark, merken aber zugleich, dass ihr Ärger die Verspätung kein bisschen verkürzt – was sie nur noch frustrierter macht.

 

Warten ist eben nicht leicht. Nicht nur Kinder haben in diesen Wochen damit zu kämpfen – auch mir fällt das oft schwer. Und doch: Warten kann auch etwas Gutes haben. Es kann eine wertvolle Zeit sein, wenn ich sie bewusst nutze. Manchmal steigert sie sogar die Vorfreude auf das, was kommt. Denn Dinge, auf die man wartet, gewinnen an Bedeutung. „Alles was selten ist, ist schön“, pflegte meine Großmutter zu sagen -  hat also den Reiz des Besonderen.

 

Was heißt das für den Advent? Natürlich richtet er den Blick auf das bevorstehende Weihnachtsfest. Und es wird – so finde ich – umso schöner, wenn wir nicht schon im September Stollen und Nussplätzchen vernaschen. Zugleich erinnert der Advent uns Christen daran, dass wir hoffen und warten dürfen: darauf, dass Jesus Christus zu uns „wieder“-kommt.

 

Martin Luther hat gesagt: „Wie stark wir glauben, so stark müssen wir uns auch notwendig freuen. Die Freude ist der Doktorhut des Glaubens.“ Advent und Weihnachten schenken uns viele Gelegenheiten, genau diese (Vor)Freude zu entdecken – und zu leben. 

 

Mehr auf unserer Themenseite: Advent und Weihnachten in MV

Quelle: kirche-mv.de (cme)