Baufällige St.-Georgs-Kirche in Altstrelitz soll entwidmet werden "Es war ein großer Schock"

Von Nicole Kiesewetter

Im Neustrelitzer Borwinheim zeigte die Kirchengemeinde am 1. Juli detaillierte Informationen zum baulichen Zustand der St.-Georgs-Kirche Altstrelitz.

Foto: ELKM/C. Meyer

14.07.2025 · Neustrelitz. Kein Glockenläuten, keine Gottesdienste, keine Konzerte – seit fast zwei Jahren ist die St.-Georgs-Kirche in Altstrelitz für Besucher gesperrt. Jetzt soll sie aufgegeben werden. „Ein Skandal“ für manche Menschen in der Region.

Eine statische Prüfung vor zwei Jahren hat die traurige Wahrheit ans Licht gebracht: Die Altstrelitzer Kirche ist nicht mehr standsicher, Risse ziehen sich durch Wände und den Fußboden. Ein Bauzaun versperrt seither den Zutritt. „Es war ein großer Schock für uns, dass wir die Kirche nicht mehr benutzen durften“, sagte Pfarrer Christoph Feldkamp jüngst bei einer Informationsveranstaltung in Neustrelitz. Er und seine Amtskollegin Cornelia Seidel hatten gemeinsam mit Holger John, dem Baubeauftragten für die Propstei Neustrelitz, und dem Kirchengemeinderat dazu eingeladen. Öffentlich wollten sie einen Beschluss erklären, der im Laufe des Abends noch sehr emotional diskutiert werden sollte: Die St.-Georgs-Kirche soll entwidmet werden. Eine unter Denkmalschutz stehende Kirche aus den 1950er-Jahren.

 

Theoretisch könnte sie zwar wieder standfest gemacht werden, erklärte der Baubeauftragte John. 1945 war die ursprüngliche Marienkirche abgebrannt, zwischen 1952 und 1959 unter schwierigen Bedingungen St. Georg an neuer Stelle errichtet worden. Doch die Sanierung würde nach aktuellem Stand rund 750 000 Euro kosten. Das Fundament müsste unterfasst werden, äußere Stützen und eine neue Dacheindeckung wären nötig. Diese Summe kann die Kirchengemeinde nicht aufbringen. Die intensive Suche nach Geldgebern wie Stiftungen habe sich als aussichtslos erwiesen, sagte Pastor Feldkamp. Auch die Kommune sehe keine Möglichkeit und habe einem gemeinsamen Nutzungskonzept „eine ganz klare Absage erteilt“.

 

So sachlich die Fakten zu Beginn waren, so emotional war die Gesprächsrunde danach. So sagte der Neustrelitzer Kirchenmusiker Wolfgang Erben, die geplante Entwidmung sei „ein Armutszeugnis, ja ein Skandal“. Seiner Ansicht nach sei nicht das fehlende Geld der Grund, sondern der fehlende Wille. Der Kirchengemeinderat (KGR) habe einfach „über die Köpfe der Menschen hinweg entschieden“.


"Das ist der Todesstoß für die Muttergemeinde“

 

Ein weiterer Diskussionsteilnehmer kritisierte, „mit diesem Entschluss geben wir der Altstrelitzer Muttergemeinde den Todesstoß. Das ist bitter.“ Beklagt wurde zudem das Verfahren: dass kritische Stimmen nicht vor dem KGR-Beschluss gehört worden seien.

 

Pastorin Seidel entgegnete, es sei „ein schmerzhafter Prozess, aber wir können nicht jede Kirche erhalten“. Zur Gemeinde Strelitzer Land gehören auch noch die Stadtkirchengemeinde sowie die Gemeinden Altstrelitz, Wokuhl und Zierke. Und es gebe dort mehr als eine Baustelle, bei sinkenden Mitgliederzahlen: Im Bereich Alt Strelitz finde kaum noch Gemeindearbeit statt, zum Gottesdienst kämen im Schnitt fünf Teilnehmende. Das geistliche Zentrum seien die Stadtkirche und das Borwinheim. Die Kirchengemeinde hätte auch die Augen davor verschließen können, „doch das ist nicht unsere Art zu denken: Der liebe Gott wird’s schon richten“, sagte Seidel.

 

Entwidmungen seien bisher eine absolute Ausnahme, für die es hohe Hürden zu überwinden gelte, erklärte Kirchenkreis-Sprecher Christian Meyer, der den Info-Abend moderierte. Auf dem Gebiet der Nordkirche gebe es aktuell knapp 1900 Kirchen und Kapellen. Zwischen 2021 und 2023 seien 14 davon entwidmet worden. Im Kirchenkreis Mecklenburg habe es Mitte der 1990er-Jahre zwei Verkäufe von Kirchen gegeben: Die im 13. Jahrhundert gebaute Feldsteinkirche in Rollenhagen bei Neustrelitz ging an einen Berliner Künstler, der sie als Wohnraum nutzt. Die Inneneinrichtung fehlte damals, tauchte später in einer Scheune auf und befindet sich samt Altar heute in der Nachbarkirche in Rödlin. Die Kirche wurde mit einem Gottesdienst entwidmet.

 

Ebenso eine Kirche bei Wismar und zwei kleine Kapellen in Conow und Toddi sowie 2022 die Kapelle in Groß Kelle und 2021 die Bahnhofskapelle in Boizenburg. Doch noch ein anderes Problem bewegte die Teilnehmenden: Was geschieht mit den Glocken, der Orgel, dem Inventar, dem vom Künstler Lothar Mannewitz eigens für die Kirche angefertigten Fenster, wenn St. Georg entwidmet wird?

 

"Wir können als Kirche nicht überall sein“

 

Diese Fragen müssten geklärt werden, sagte Pastorin Seidel. Nicht selten sei es möglich, kirchliches Inventar in anderen Kirchengebäuden zu integrieren. Doch zunächst müssten andere Optionen geklärt werden: fortgesetzte Nutzung für eigene kirchliche Zwecke, Nutzung durch Dritte über verschiedene Verträge, Verkauf oder Weiterbestand ohne Nutzung.

 

Er könne die Emotionen der Teilnehmenden sehr gut verstehen, sagte Christian Meyer zum Abschluss des Abends, „aber wir werden es als Kirche künftig nicht schaffen, an jedem Ort zu sein“. 

Quelle: MPKZ